Exzentrische Reißbretter

Die NRW-Kunstsammlung fürs 20. Jahrhundert widmet der Museumsarchitektur im 21. Jahrhundert eine ganz große Ausstellung. Gespielt wird heute mit großkotzigen Bauten oder der Leere

AUS DÜSSELDORFKATJA BEHRENS

Mies van der Rohe in Krefeld. Josef Albers in Bottrop. Frank Gehry in Herford. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es einige ambitionierte Versuche, der hohen Kunst mit hoher Architektur den nötigen Tribut zu zollen. Tadeo Andos Bau für die Langen Foundation in Neuss, der sich unweit der Museumsinsel Hombroich befindet, steht sogar in der Tradition der naturbezogenen Architektur, wie man sie gemeinhin mit der japanischen Baukunst verbindet. Freilich kann die formale Reduktion und Bescheidenheit auch kokettes Understatement und Zeichen besonderer Exklusivität sein. Wie etwa in Andos verführerischem Entwurf für das Chichu Kunstmuseum im japanischen Kagawa, mit dem schönsten, sinnlich-warmem Sichtbeton – und viel Leere.

Den immer spektakuläreren Museumsbauten des 21. Jahrhunderts widmet sich nun eine groß angelegte Ausstellung, die das Art Center Basel (kuratiert von Suzanne Greub und ihrem Sohn Thierry) auf den Weg geschickt hat. Mit ihrer ersten Station im Düsseldorfer K20 bietet die Ausstellung „Museen im 21. Jahrhundert: Ideen-Projekte-Bauten“ einen Überblick über das exzentrische Schaffen der alten und jungen Reißbrett-Stars. Sie wird danach in acht europäischen und US-amerikanischen Städten zu sehen sein. Bau-Künstler wie Zaha Hadid, Rem Kolhaas oder Daniel Libeskind werden mit ihren aktuellsten – den gebauten wie den geplanten – Ideen gezeigt. Gebaut wird heute, mitunter etwas großkotzig, imposant und immer aufwändiger, was das Zeug hält. Seitdem 1977 das Pariser Centre Pompidou (von Renzo Piano und Richard Rogers) den Musentempel als Pathosformel abgeschafft zu haben schien, rückt die Museumsarchitektur wieder stärker als eigenständige, ästhetische wie auch politische Formulierung in den Fokus. Und spätestens als 20 Jahre später Frank O. Gehry das Guggenheim Museum Bilbao fertig stellte, wurde klar, dass die Architektur des Museums nun nicht mehr zwangsläufig etwas mit dem zu tun haben muss, was zu beherbergen eigentlich ihre Aufgabe ist: Eines der faszinierendsten Beispiele neuer Museumsbauten ist wohl der Entwurf des australischen Büros Denton Corker Marshall für das Besucherzentrum im englischen Stonehenge. Nahezu vollständig eingelassen in die weite grasbewachsene Ebene von Salisbury ist das Gebäude als solches kaum mehr zu erkennen und so keine Konkurrenz zu dem Jahrtausende alten Monument.

Der Anspruch aber, dass Museumsgebäude eine vor allem dienende Funktion haben sollten, ist beim Blick auf die meisten Entwürfe eine wahrscheinlich spießige Vorstellung. Als „kulturelles Identifikationssymbol“ haben sie heute vor allem die Aufgabe regionaler Image-Steigerung übernommen und geraten so oft in Konkurrenz zu der Kunst, die in ihnen gezeigt wird. Das zeigt Daniel Libeskinds exaltierter dekonstruktivistischer Erweiterungsbau für das Art Museum in Denver oder der futuristische Entwurf von Coop Himmelblau für das Musée des Confluences in Lyon. Anhand von Modellen, Photographien, Plänen, Skizzen, Computersimulationen und Animationen werden in der NRW-Kunstsammlung 26 unterschiedliche Projekte aufgeblättert. Die selbstverständlich sehr ansprechenden Hochglanz-Präsentationen der Architektur-Büros scheinen dabei nahezu ungefiltert den Weg vom Wettbewerb und der Corporate Identity-Show ins Museum gefunden zu haben. Lästige Fragen nach Funktionalität, Material oder gar dem Preis werden erst gar nicht gestellt. Das Schweizer Architekten-Duo Herzog/ de Meuron, so erzählt Austellungsmacher Thierry Greub, waren auch eingeladen und hätten gut in die Riege der großen Museums-Architekten gepasst. Doch sie hatten wohl als einzige so hohe Honorarvorstellungen, die nicht erfüllt werden konnten.

Bis 25. Juni 2006