Das Studium gibt‘s nicht mehr für lau

Ab dem nächsten Semester kostet studieren in Bremen Geld – die bisherigen Verwaltungsgebühren werden zusätzlich erhoben

Post vom „Dezernat für Studentische Angelegenheiten“ der Universität bekommen in diesen Tagen Bremer Studierende. Der Anlass dürfte für viele eher unerfreulicher Natur sein: Ab dem Wintersemester 2006/2007 greift das „Bremische Studienkontengesetz“. Dieses regelt die lange diskutierten Gebühren für das Erststudium an den Hochschulen im Lande.

500 Euro soll zahlen, wer länger als 14. Semester an der Universität ist – oder seinen Hauptwohnsitz außerhalb von Bremen hat. Die bisherigen Semestergebühren in Höhe von 171,50 Euro bleiben entgegen anders lautender Vermutungen vieler Studierender erhalten. Wen die Gebührenpflicht trifft, muss künftig 671,50 Euro an die Landeskasse überweisen.

Eine Verlängerung auf bis zu 16. Gratis-Semester gibt es für Urlaubs- und Auslandssemester oder die Tätigkeit in studentischen Gremien. Ausgenommen sind die Senioren: Wer das 55. Lebensjahr vollendet hat, muss in jedem Fall zahlen – egal, in welchem Semester. Vorangegangen waren mehrmonatige Auseinandersetzungen zwischen dem Akademischen Senat und der Wissenschaftsbehörde. Das „Studienkontengesetz“ sieht vor, dass der Akademische Senat, das höchste Gremium der Universität, eine Verwaltungsordnung zur Umsetzung des Gesetzes an der Hochschule beschließt.

Im Dezember fällte der Akademische Senat den entsprechenden Beschluss, schrieb aber kurzerhand noch einige Ausnahmeklauseln in seine Verwaltungsordnung hinein, die das Gesetz selber gar nicht vorsah. Die Wissenschaftsbehörde protestierte und weigerte sich, die Verwaltungsordnung zu genehmigen. Im Februar zog das Rektorat der Universität schließlich die Notbremse. Auf massiven Druck des Senators für Bildung beschloss es, unter Berufung auf eine „Gefährdung der Universität“, eine alternative Fassung der Verwaltungsordnung – am Akademischen Senat vorbei. Die erweiterten Ausnahmen waren nicht mehr enthalten. Die neue Verwaltungsordnung fand Gefallen bei der Wissenschaftsbehörde, die Genehmigung wurde prompt erteilt.

Die Universitätsverwaltung konnte sich an die Arbeit machen und verfasste die nun verschickten Anhörungsbögen. Hätte man eine erneute Beratung im Akademischen Senat abgewartet, so vermuteten Studierendenvertreter, wäre der Zeitplan nicht zu halten gewesen. Die Gebühren wären dann wohl erst ein Semester später eingeführt worden.

Inzwischen sieht man das anders. „Ich gehe jetzt davon aus, dass hier zum 1. Oktober kassiert wird“, so ein Sprecher des AStA.

In den Beratungen war über die so genannte „Landeskinder-Regelung“ lange diskutiert worden. Kritiker bemängelten, es sei nicht einsichtig, warum ein Student, der im niedersächsischen Lilienthal gemeldet ist, bezahlen soll und einer, der im benachbarten Bremer Stadtteil Horn lebt, nicht. Als ein Gericht eine vergleichbare Regelung in Hamburg vorübergehend außer Kraft gesetzt hatte, bekamen die „Landeskinder“-Kritiker weiteren Auftrieb.

Dass sich das Modell im verabschiedeten Gesetzentwurf doch durchsetzte, ist finanziellen Interessen der Landesregierung zuzuschreiben. Dort geht man davon aus, das auf Grund der neuen Regelung viele Studierende, die bisher bei ihren Eltern in anderen Städten gemeldet waren, jetzt ihren Wohnsitz nach Bremen verlegen werden. Und für jeden Neubürger erhält das Land Bremen etwa 3.000 Euro aus dem Länderfinanzausgleich. Eine erkleckliche Summe für ein Haushaltsnotlageland.

Lässt sich ein Umzug nach Bremen noch vergleichsweise einfach bewerkstelligen, ist die Situation der Langzeitstudierenden schon schwieriger. Viele, deren Semesterzahl sich jenseits der 14 bewegt, bemühen sich angesichts der drohenden Zahlungspflicht derzeit verstärkt um Prüfungstermine.

Markus S. zum Beispiel studiert seit 21. Semestern Soziologie und Kulturwissenschaften. Ein „Auslöser für den Endspurt“ sei die Gebührendrohung schon, meint der Geisteswissenschaftler. Probleme beim „Endspurt“ machen vor allem die Wartezeiten auf Prüfungstermine. Diese sind schon unter normalen Umständen schwierig zu bekommen. Die nun gestiegene Nachfrage verlängert die Wartezeiten noch einmal erheblich. Dennoch: „So kurz vor dem Ziel aufhören werde ich natürlich nicht“.

Um zu vermeiden, dass Studierende wegen der Gebührenpflicht unmittelbar vor Abschluss des Studiums die Universität verlassen, können diese eine „wirtschaftliche Notlage“ geltend machen. In diesem Fall wird die Gebühr erlassen oder gestundet. Ähnliche Regelungen sind im Übrigen für den Fall des Todes naher Verwandter, Opfer von Straftaten, die Eltern junger Kinder oder bei schweren Erkrankungen vorgesehen. cja