… DIE BERLINALE?
: Den Blick verstellen

Stellen Sie sich mal vor, an Ihrem Mietshaus hinge eine Hausnummer. Da hängt eine? Umso besser. Stellen Sie sich nun vor, die Videothek im Erdgeschoss klebte anlässlich ihrer Super-Aktionswoche ein Plakat an die Hauswand und verdeckte die Nummer. Was passiert? Der Briefträger kommt nicht mehr, und Ihr ortsunkundiger Besuch muss Ihnen entnervt hinterhertelefonieren. So in etwa. Sie beschweren sich bei der Hausverwaltung, und die verspricht, Derartiges künftig zu unterbinden. Bloß: Zur nächsten Super-Aktionswoche hängt das Ding schon wieder da. Wie würden Sie sich fühlen?

Sie würden sich schlecht fühlen. Und deshalb verstehen Sie auch, wie sich Rainer Ueckert fühlt. Der fraktionslose Abgeordnete (Ex-CDU) hatte sich 2009 darüber geärgert, dass die Berlinale alle Laternen rund um den Potsdamer Platz mit jeweils „mehreren roten Neonleuchten“ verziert hatte. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, aber die Reklame hatte Verkehrszeichen verdeckt, etwa Halteverbotsschilder. Ueckert hatte also eine parlamentarische Kleine Anfrage an den Senat gestellt und zur Antwort erhalten, das sei nicht in Ordnung und das zuständige Bezirksamt Mitte werde künftig „nicht mehr auf ein formelles Erlaubnisverfahren verzichten“. Bloß: Zur Berlinale 2010 hingen die Dinger schon wieder da.

Ueckert hat nun also noch eine Kleine Anfrage gestellt und gefragt: „Wie fühlt sich der Senat, und was meint der Senat, wie ein Abgeordneter sich fühlt (…)?“ Über Gefühle spricht der Senat nur ungern, aber seine Antwort klingt zerknirscht: „Es handelte sich um ein Versehen“ und sollte nun wirklich „nicht mehr vorkommen“. Darauf wird Herr Ueckert achten. CLP Foto: ap