Joblose warten auf die Sonne

Kalter März hält Arbeitslosenzahlen hoch. Müntefering plant Harz-IV-Optimierungsgesetz

VON B. DRIBBUSCH
UND U. WINKELMANN

Oft schon musste das Wetter zur Erklärung der Arbeitsmarktzahlen herhalten. Mal helfen warme Temperaturen, die Beschäftigung auf dem Bau und im Grünflächenbereich hoch zu halten. Dann wieder führt winterliches Wetter zu Einbrüchen. So blieb auch im kalten März die erwartete Frühjahrsbelebung bescheiden. Aber immerhin rutschte die Zahl der Erwerbslosen erneut nach unten und lag mit 4.976.000 unter der gefürchteten Fünfmillionenmarke.

Der Rückgang sei mit 72.000 im Vergleich zum Februar fast um die Hälfte geringer ausgefallen als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, räumte die Bundesagentur für Arbeit (BA) gestern bei der Bekanntgabe der Arbeitsmarktzahlen ein. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,2 Punkte auf 12,0 Prozent.

Der BA-Vorstandsvorsitzende Frank-Jürgen Weise gab sich aber verhalten optimistisch. Vor allem von der Entwicklung der offenen Stellen kämen „positive Signale“, sagte er. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der gemeldeten offenen Stellen im März um 113.000 auf 506.000 gestiegen. Bei 360.000 davon handele es sich um Stellenangebote in der freien Wirtschaft.

Rund 255.000 Menschen befanden sich in so genannten Arbeitsgelegenheiten, ganz überwiegend so genannte Ein-Euro-Jobs. Diese Zahl ist im Vergleich zum Dezember 2005 allerdings zurückgegangen.

Gleichzeitig verfestigt sich die Langzeitarbeitslosigkeit. Während nämlich die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld I um 510.000 Personen schrumpfte, stieg die Zahl der ALG-II-Empfänger im selben Zeitraum um 220.000, berichtete Weise. „Wer einmal in die Langzeitarbeitslosigkeit geraten ist, kommt immer schwieriger raus“, beklagte der BA-Chef.

Nach den jüngsten verfügbaren Statistiken ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch im Januar erneut zurückgegangen. Der Jobmarkt entwickelt sich dabei unterschiedlich: Vor allem im Osten und da vor allem im Bau und Verarbeitenden Gewerbe sank die Zahl der Jobs. Im Westen ist der Rückgang geringer. Bei den unternehmensnahen Dienstleistungen, in Verkehr- und Nachrichtenübermittlung und im Gesundheits- und Sozialwesen gab es sogar Zuwächse. Die Ost-West-Ungleichheit zeigt sich auch bei den Ausbildungsstellen: Dort gab es Ende März im Westen weniger unbesetzte Ausbildungsstellen als im Vorjahr, im Osten hingegen mehr.

Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) räumte bei der gestrigen Haushaltsdebatte im Bundestag ein: „Die Arbeitslosenzahlen sind noch nicht so gut, wie wir sie uns eigentlich wünschen.“ Münteferings Ministerium verfügt über knapp die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts. Der Minister sagte, von seinem 120-Milliarden-Euro-Etat seien 38,5 Milliarden für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) eingeplant. Müntefering erklärte, die vor allem in Erwerbslosenforen kursierenden Gerüchte, dass eine Absenkung des ALG-II-Satzes von 345 auf 225 Euro geplant sei, seien falsch: „Niemand will Arbeitslosengeld II streichen oder will es kürzen.“

Allerdings wolle die Regierung ein „Optimierungsgesetz“ zu Hartz IV auf den Weg bringen. Dabei gehe es darum, die Regelungen zu den Bedarfsgemeinschaften zu präzisieren und einen sparsameren Umgang mit dem Geld zu erreichen. Müntefering sagte: „Noch immer steigt die Zahl der Bedarfsgemeinschaften.“ Die Unklarheit über den ALG-II-Satz rührt daher, dass das Arbeitsministerium nun schon seit Monaten über der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 brütet. Diese ist Grundlage des ALG-II-Satzes. Das Ministerium gibt statistische Probleme an, die die Arbeit mit der EVS 2003 verzögerten. (mit rtr)