EU bekommt Rüffel für ihre Sanktionspolitik

IRAN Europäisches Gericht hält Strafmaßnahmen gegen sieben Banken und Firmen für unzulässig

Das Kernstück der Sanktionen ist, den iranischen Finanzmarkt zu isolieren

BERLIN taz | Die EU-Kommission hat erneut eine Schlappe bei ihren Iran-Sanktionen erlitten. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg, die zweithöchste juristische Instanz in Europa, hat das Einfrieren der Vermögen von sieben iranischen Banken und anderen Firmen für nichtig erklärt. Die Richter halten der EU „Beurteilungsfehler“ und Verstöße gegen die „Begründungspflicht“ vor. In dem Urteil vom Freitag geht es um mehrere iranische Banken, darunter die Export Development Bank, eine Versicherung, eine Baufirma und eine Reederei.

Die EU hatte im vergangenen Jahr die bisher schärfsten Sanktionen gegen den Iran in Kraft gesetzt, um die Regierung in Teheran im Streit über ihr Atomprogramm zum Einlenken zu zwingen. Den iranischen Finanzmarkt zu isolieren ist das Kernstück der Strafmaßnahmen. Auf diese Weise kann der Iran selbst solche Geschäfte, die gemäß den UNO-Sanktionen eigentlich legal sind, nicht mehr finanziell abwickeln. In der Folge ist der für das Land so wichtige Ölexport eingebrochen. Zugleich ist die Inflation im Iran sprunghaft gestiegen.

Schon Ende 2012 hat hatte das Europäische Gericht die Sanktionen gegen die Bank Sina einkassiert. Kurz darauf kamen die Bank Mellat und die Saderat Bank hinzu. Auch hier hatte die EU-Kommission – genau wie im jetzt verhandelten Fall – zwar behauptet, die Finanzinstitute seien in das umstrittene iranische Nuklearprogramm verwickelt, aber keine stichhaltigen Beweise dafür offengelegt. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch bei den Fakten geschlampt. In der ursprünglichen Begründung für die Sanktionen gegen die Banken werden sie nämlich als staatlich bezeichnet. Tatsächlich aber ist Mellat eine Privatbank, und bei Saderat hält der Staat keine Mehrheit.

Bestehen bleiben nun allerdings die Sanktionen gegen die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIH) in Hamburg. Hier stellt das Gericht zwar Verfahrensfehler fest, dennoch sei die Listung der Bank berechtigt. Das Vermögen der Melli Bank bleibt ebenfalls eingefroren. Die Sanktionen gegen die übrigen Firmen müssen auch nicht sofort aufgehoben werden, sondern erst nach einer Frist von etwa zwei Monaten. In dieser Zeit sind Rechtsmittel gegen die Entscheidung möglich.

Der Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss, forderte gegenüber der taz die sofortige Rücknahme der Sanktionen: „Wie will die EU glaubwürdig mit den Iranern die politischen Streitpunkte verhandeln, wenn der Eindruck entsteht, die EU hält sich selbst nicht an ihre eigenen Gesetze? Der Zweck heiligt nicht die Mittel, auch nicht wenn es um den Iran geht.“

SILKE MERTINS