„Kein eigenes Instrument“

DEMO Der Aktionsmonat „Pflege am Limit“ endet mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz

■ 57, ist seit 2009 Präsident des deutschen Pflegerates und hofft, am Freitag für weitere vier Jahre gewählt zu werden

taz: Herr Westerfellhaus, Sie sind bei der Abschlusskundgebung dabei – haben Sie denn überhaupt etwas von dem Aktionsmonat mitbekommen?

Andreas Westerfellhaus: Natürlich! Die Kollegen aus dem Bremer Pflegerat haben mich auf dem Laufenden gehalten, und erfreulicherweise wurde ja auch viel darüber berichtet.

Was haben die Aktionen genützt?

Der Erfolg kann sich natürlich erst messen lassen, wenn dem Unmut auch Taten folgen. Aber es ist bereits ein riesiger Erfolg, dass sich hier alle Berufsgruppen aus der Pflege zusammengetan und gezeigt haben, dass nicht nur auf ihnen großer Druck lastet, sondern dass sie auch Druck ausüben können. Das könnte durchaus jetzt, kurz vor den Bundestagswahlen, Wirkung zeigen.

Was fordern die Pflegenden?

In erster Linie natürlich mehr Kollegen – der Fachkräftemangel ist das dringendste Problem. Pflegende sind dabei auf das politische Handeln angewiesen, haben also kein eigenes Instrument in der Hand wie zum Beispiel die Landesärztekammern. Das muss sich ändern.

Sie meinen in Form einer Pflegekammer?

Ja, denn dort können Pflegende da, wo sie bislang fremdbestimmt waren, selbst bestimmen. Da geht es um Personalschlüssel, berufsethische Richtlinien oder um Ausbildungsstandards.

Auffällig am Aktionsmonat war, dass die Gewerkschaften gar nicht beteiligt waren – wieso nicht?

Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich nicht zu den Organisatoren gehöre. Allerdings spricht Ver.di sich klar gegen eine Selbstverwaltung der Pflegenden aus, vielleicht muss sie sich da nicht wundern, wenn keine Allianz mit ihr zustande kommt.

Aber viele Pflegende sind Ver.di-Mitglieder, und schließlich kann eine Kammer keine Tarife aushandeln ...

Ich glaube gar nicht, dass so viele Pflegende Ver.di-Mitglieder sind. Aber abgesehen davon würde die Gewerkschaft ja nicht ersetzt werden – allerdings sollte sie sich auch ernsthaft für eine gerechtere Entlohnung der Pflegenden einsetzen. Bei Ver.di geht’s um Macht, sie hat Angst davor, durch eine Kammer Mitglieder zu verlieren.

In Bremen gibt es bereits eine Arbeitnehmerkammer – wäre das nicht ein bisschen viel der Zuständigkeit: Arbeitnehmerkammer, Pflegekammer und Gewerkschaft?

Nein, die Ärztekammer und der Marburger Bund arbeiten doch auch wunderbar zusammen. Ich würde mir wünschen, dass hier nichts anderes als die gemeinsamen Interessen im Vordergrund stünden.  INTERVIEW: SCHN

16 Uhr, Marktplatz