Mehr Tote möglich

BUNDESWEHR Deutsche Politiker rechnen damit, dass weitere deutsche Soldaten in Afghanistan sterben

BERLIN taz | Die Bevölkerung in Deutschland muss sich nach Ansicht von Regierungspolitikern darauf einstellen, dass es weitere deutsche Gefechtstote in Afghanistan geben wird. Der Verteidigungsexperte der Unionsfraktion, Andreas Schockenhoff sagte der taz, es gehe darum in bislang unkontrollierten Regionen Afghanistans die Autorität der Regierung durchzusetzen. „Dabei könnten auch weitere deutsche Soldaten sterben“, sagte er.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) forderte in der Bild am Sonntag mehr Rückhalt in der Bevölkerung: „Die Soldaten wünschen sich mehr Verständnis dafür, dass sie sich, manchmal auch präventiv, wehren müssen.“

Bei einem mehrstündigen Gefecht mit Taliban-Kämpfern waren am Freitag drei Bundeswehrsoldaten getötet worden, acht wurden verletzt. Sie hatten den Bau einer Brücke in der gefährlichen nordafghanischen Provinz Char Darah vorbereitet, als Taliban-Kämpfer aus umliegenden Gebäuden das Feuer eröffneten.

Schockenhoff verteidigte weitere gefährliche Einsätze: „Wenn wir afghanische Sicherheitskräfte ausbilden, kann das nicht nur im Lager geschehen – sie müssen auch ins Feld begleitet werden.“ Der Afghanistaneinsatz an sich müsse aber vor dem nächsten Februar nicht wieder diskutiert werden. Dann endet das derzeitige Mandat der Bundeswehr.

Unterstützung bekamen die Regierungspolitiker aus der SPD. „Die Grundentscheidung, in Afghanistan zu sein, ist richtig“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gernot Erler. „Das Risiko ist nicht neu, und jetzt muss die örtliche Führung ihre Konsequenzen ziehen.“

Der grüne Verteidigungspolitiker Omid Nouripour hingegen forderte eine „ehrlichere Sprache“ von der Regierung. Dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) inzwischen von „kriegsähnlichen Zuständen“ spreche, sei ein erster Schritt. „Wenn deutsche Soldaten häufiger auf Patrouillen geschickt werden sollen, müssen wir darüber sprechen, dass es auch mehr Opfer geben kann“, sagte Nouripour der taz. Die Linkspartei forderte erneut den Abzug deutscher Truppen. „Die Taliban beziehen ihre Legitimation vor allem daraus, dass sie fremde Truppen bekämpfen“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher Paul Schäfer.

In den vergangenen acht Jahren starben in Afghanistan 39 deutsche Soldaten, vor allem bei Selbstmordattentaten und Unfällen. LALON SANDER