Handy-Ortung gruselt Abgeordnete

KONTROLLE Der Kieler Landtag debattiert über die massenhaften Funkzellenabfragen der Polizei: Innenminister Breitner (SPD) verteidigt sie. Volle Unterstützung gibt es dafür nur von der CDU

Innenminister Andreas Breitner (SPD) hat in einer Landtagsdebatten die massenhaften Funkzellenabfragen durch die Polizei gerechtfertig. Hierbei fragen die Ermittler ab, wer in einem bestimmten Bereich gerade sein Handy benutzt oder es bei sich trägt. „Die Polizei braucht die Abfragen, die Justiz genehmigt sie“, sagte Breitner.

850 Mal gab es solche Abfragen von 2009 bis 2012, teilte das Innenministerium auf eine Anfrage der Piraten-Fraktion mit. Rund sieben Millionen Handys seien so geortet worden, „statistisch gesehen war jeder Mensch im Land schon mehrfach im Visier der Ermittler“, kritisierten die Piraten. Für den Piraten-Abgeordneten Uli König ist das „Überwachung über jedes Maß“.

Auch Redner von FDP, Grünen, SSW und sogar SPD äußerten Unbehagen über die Masse von Abfragen und sprachen vom „Konstruktionsfehler“ der Abfrage, bei der automatisch Unbeteiligte ins Visier des Staates geraten.

Die Reaktionen der Öffentlichkeit wie auch die Forderungen der Piraten seien „haltlos und belegen Unkenntnis“, sagte hingegen Breitner. Nur die blanke Nummer werde erfasst – daher lehnte er auch die Forderung ab, alle Betroffenen im Nachhinein zu benachrichtigen. Denn dazu müssten ja die bis dahin unbekannten Namen ermittelt werden. Sein Parteifreund Kai Dolgner hielt dagegen die Idee für überlegenswert, an alle erfassten Handy-Nummern eine SMS zu senden. Burkhard Peters (Grüne) stimmte zu: „In Zeiten von Prism“ habe jeder Interesse an Datensammlungen. Wolfgang Kubicki (FDP) wünschte sich mehr Sensibilität bei der Anwendung.

Immerhin, freuten sich mehrere Redner, habe es in Schleswig-Holstein keine „grotesken Auswüchse“ wie in Dresden gegeben, wo eine Demo per Funkzellenabfrage überwacht wurde.

„Sehr vernünftig“, fand nur Axel Bernstein (CDU) Breitners Rede. Er hielt den Eingriff in die Rechte für „weniger gravierend als eine Fahrzeugkontrolle“. Süffisant fügte er hinzu, es sei interessant, dass „keine der regierungstragenden Fraktionen in dieser Frage die Regierung trägt“. Weiter debattiert wird im Rechtsausschuss.  EST