Justiz: Mubarak könnte freikommen

ÄGYPTEN Obwohl ein Gericht den Expräsidenten freilässt, bleibt dieser zunächst in Haft. Die Zahl der Toten steigt weiter: 24 Polizisten sterben bei Anschlag im Sinai, 36 Islamisten im Gewahrsam der Behörden

KAIRO/BERLIN dpa/rtr/afp/taz | Die Nachricht passt gut in die politische Landschaft Ägyptens dieser Tage. Nach Angaben aus Justizkreisen und seines Anwalts könnte der 2011 gestürzte und inhaftierte Präsident Husni Mubarak demnächst freikommen. Ein Gericht in Kairo ordnete am Montag in einem der Verfahren gegen Mubarak ein Ende der Haft an. Zur Begründung hieß es aus Justizkreisen, das Strafgericht habe das Verfahren wegen der illegalen Verwendung öffentlicher Mittel bei Bauprojekten durch die Familie Mubarak an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben, weil die Anklage noch auf vier weitere Beteiligte ausgedehnt werden solle.

Mubarak kann das Gefängnis trotz dieser Entscheidung nicht verlassen, da er noch wegen eines weiteren Korruptionsverfahrens in Untersuchungshaft sitzt. Ein Jurist, der mit dem Fall vertraut ist, sagte der Nachrichtenwebsite youm7, sollte Mubarak im sogenannten Al-Ahram-Prozess demnächst auch noch von der Haft verschont werden, könnte der 85-Jährige allerdings tatsächlich freikommen.

Sein Anwalt Farid al-Dib sagte optimistisch, auch über dieses Verfahren werde noch in dieser Woche entschieden. „Alles, was noch bleibt, ist ein einfaches Verwaltungsverfahren, das nicht mehr als 48 Stunden in Anspruch nehmen sollte. Er sollte bis Ende der Woche freigelassen werden“, fügte al-Dib hinzu.

In dem Hauptverfahren wegen der Beteiligung an der Tötung von mehr als 800 Demonstranten ist die maximale Dauer der Untersuchungshaft für Mubarak bereits abgelaufen. Bislang wurde er in keinem Verfahren rechtskräftig verurteilt. Mubaraks Freilassung könnte zu neuen Protesten führen.

Vor dem Hintergrund des Machtkampfs zwischen dem Militär und den Muslimbrüdern griffen mutmaßliche Islamisten am Montag auf der Sinai-Halbinsel Polizisten aus einem Hinterhalt an. Dabei wurden 24 von ihnen getötet. Die Täter hätten zwei Polizeikleinbusse mit Panzerfäusten angegriffen, sagten Sicherheits- und Rettungskräfte. Die Polizisten seien auf dem Weg zum Kontrollposten Rafah an der Grenze zum Gazastreifen im Nord-Sinai gewesen. Das Innenministerium bestätigte das.

Der Anschlag wurde nur wenige Stunden nach einem tödlichen Einsatz der Polizei gegen gefangene Muslimbrüder verübt. Mindestens 36 Islamisten kamen im Gewahrsam der Behörden um. Aus dem Umfeld der Justiz war zu vernehmen, die Gefangenen seien in einem überfüllten Polizeitransporter erstickt. Die Muslimbrüder sprachen von Mord. Das Innenministerium erklärte dagegen, die Inhaftierten seien gestorben, nachdem sie während eines vereitelten Gefängnisausbruchs Tränengas eingeatmet hätten.

Bereits am Sonntagabend sprach das Innenministerium ein Verbot von Bürgerwehren aus. Diese hatten sich zum „Schutz“ ihrer Stadtviertel gebildet, wobei es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kam. Unterdessen nahm die Polizei in Kairo fünf Mitarbeiter der Website „Islamtoday“ wegen missliebiger Berichterstattung an ihrem Arbeitsplatz fest.