Wirte lassen schuften

Um bei der WM Kosten zu sparen, wollen Dortmunds Gastronomen ihre Azubis länger arbeiten lassen

Dortmunds Wirte schielen auf den großen Reibach. Während in den Provinzen des Landes die Erwartungen auf den großen Gewinn durch die WM bereits gedämpft wurden (taz berichtete), können Gastronomie- und Hoteltreibende in der WM-Stadt auf gute Geschäfte hoffen. Auf 80 Prozent beziffert der Branchenverband Dehoga die Zimmerauslastung während der WM in Dortmund. Vielen Wirten reicht das nicht. Auf Druck einiger Großhotels an den Westfalenhallen sind sie auf einen Trick gekommen, wie sich aus der WM noch mehr Profit schlagen lässt – auf dem Rücken der Hälfte der 150 Gastro-Azubis in der Stadt.

Deren Prüfungen sollen einfach um drei Monate nach hinten geschoben werden. Die Lehrlinge wittern da die große Abzocke. „Die Wirte verdienen sich eine goldene Nase“, schimpft ein Azubi. „Und uns lassen sie zum Hungerlohn arbeiten.“ Auch die Gewerkschaft NGG vermutet dahinter eine gezielte Billiglohnstrategie. Schließlich müssen die eigentlich schon ausgelernten Azubis jetzt noch drei Monate länger für ihre 620 Euro Lehrlingsgehalt arbeiten. Und das in einer Zeit, wo die Gastronomen wegen des erwarteten Fan-Ansturms mehr Personal einstellen müssten. Das freilich würde bei gleicher Qualifikation und Arbeitszeit mindestens 1.400 Euro im Monat kosten.

Bei der Dortmunder IHK versteht man die Aufregung nicht. Wegen dem WM-Stress könne man im Juni keine Prüfungen vornehmen. Und die Prüfungen vor das Turnier zu legen komme nicht in Frage. Dann sei die Ausbildungszeit zu kurz. Außerdem werde die Ausbildungsküche wegen Umbauarbeiten gesperrt, ein Ersatz sei nicht zu beschaffen. Das sieht man bei der Gewerkschaft NGG anders. „Es haben sich andere Ausbildungsküchen angeboten“, so Torsten Gebehart. So hätte bereits eine Berufsschule signalisiert, ihre Küche für die Prüfung vor der WM zur Verfügung zu stellen.

Der Gewerkschaftsmann hält die Gründe der IHK daher für vorgeschoben. Aus keinem NRW-Bezirk sei ihm ein ähnliches Verhalten bekannt, obwohl auch anderswo die WM stattfinde. Auch die Aufteilung der Azubis in zwei Prüflingsgruppen – eine vor eine nach der WM – sei ein „einmaliger Vorgang.“ Die NGG bezweifelt, ob die Strategie der Dehoga in Dortmund rechtens ist. Auf jeden Fall werde es während der WM Gewerkschaftsaktionen vor Hotels geben. Gebehart: „Wenn die Publicity wollen, bekommen sie die.“ SVEN PRANGE