Kantersieg für die Kurve

Beim Fußball-Länderspiel der DFB-Elf gegen die USA soll es keine verschärfte Zensur von Plakaten und Transparenten geben. Die Dortmunder Fußballfans scheinen mit ihren Protesten dem DFB ein Zugeständnis abgerungen zu haben

BERLIN taz ■ „Das hätten sich die Fans nicht gefallen lassen“, sagt Thilo Danielsmeyer, sportlicher Leiter des Fanprojekts Dortmund. „Wir haben Wert darauf gelegt, dass jedwede Kritik im Stadion erlaubt ist.“ Danielsmeyer spricht über Medienberichte und Gerüchte, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wolle vor dem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die USA in Dortmund am nächsten Mittwoch Anti-Klinsmann-Plakate aus dem Westfalen-Stadion entfernen lassen.

Die Dortmunder Fans sahen ihr Recht auf Kritik beschnitten, diskutierten in Internetforen über das Thema und haben ihren Anspruch nun anscheinend durchgesetzt. Bei einem Vorgespräch über die Planung des Länderspiels war am Dienstagabend dieses Thema ein Schwerpunkt. DFB-Präsident Theo Zwanziger war höchstpersönlich anwesend. Tenor nach der Veranstaltung: Kritik im normalen Maß wird erlaubt sein. „Es wird sicher Pro-Wörns- und Anti-Klinsmann-Plakate geben“, sagt Danielsmeyer. „Dass die Fans kritisch sind, muss ihnen zugestanden werden.“ Schmähkritik und Beleidigungen sollen aber laut DFB-Pressesprecher Harald Stenger verboten bleiben. „Es ist bei allen Länderspielen üblich, dass Transparente mit politischem genauso wie Transparente mit beleidigendem Inhalt nicht erlaubt sind“, sagt er. Ein verschärftes Verbot hätte laut Danielsmeyer ohnehin seine Wirkung verfehlt. „Die Fans hätten sich was einfallen lassen. Das wäre ein Schuss in die Gegenrichtung gewesen.“

Nach dem 1:4-Debakel der Nationalmannschaft gegen Italien hatte man beim DFB Anfang der Woche befürchtet, dass die Klinsmänner im Stadion nicht mit Applaus empfangen werden könnten, vor allem, weil der Bundestrainer den Dortmunder Christian Wörns verstoßen hatte. Die Nominierung des BVB-Spielers Sebastian Kehl gilt deswegen als taktischer Schachzug, um die Wogen zu glätten. Mit Wörns ist das Tischtuch zerschnitten; der Innenverteidiger hatte am Montag ein Treffen mit Jürgen Klinsmann abgesagt.

„Ich habe Angst. Es ist eine unglückliche Konstellation, nach der Geschichte um Wörns und der Kritik an Jürgen Klinsmann in Dortmund zu spielen“, hatte DFB-Vize Rolf Hocke am Montag gesagt. Er fürchte, dass es sehr schwierig werde. Klinsmanns Medienberater Roland Eitel wollte laut einem Bericht des Sportinformationsdienstes noch weiter gehen. Die Agentur vermeldete, Eitel wolle versuchen, Einfluss auf das Rahmenprogramm zu nehmen und dabei auch Stadionsprecher Norbert Dickel behelligen. Eitel dementierte gegenüber der taz dieses Vorhaben.

Olaf Suplicki, der Sprecher der BVB-Fanabteilung, tut ein solches Ansinnen ohnehin ab: „Das würde nicht gut ankommen. Pro-Klinsmann-Stimmung kann nur einer machen – und das ist Jürgen Klinsmann.“ Suplicki war bei dem Treffen mit Zwanziger als Vertreter der Fans dabei. Es sei ein sehr gutes und offenes Gespräch gewesen, berichtet er. Zwanziger habe sich auf die Diskussion eingelassen und sei auf die Forderungen der Fans eingegangen. Über eine mögliche destruktive Stimmung im Stadion macht Suplicki sich keine Sorgen. Genau wie Thilo Danielsmeyer glaubt er, dass die Fans die Mannschaft unterstützen werden.

Ob und wie der Deutsche Fußball-Bund eine Zensur plante, ist nicht gänzlich klar. Eindeutig ist allerdings, wie die Situation in Dortmund und Umgebung wahrgenommen wurde. „Jeder hier hatte das Gefühl, dass Zensur geplant war“, sagt Suplicki. Ist nun der DFB eingeknickt, oder hat er einfach nur seine Forderung nach einem harmonischen Rahmen um das Spiel ungeschickt in die Öffentlichkeit getragen? Suplicki wertet nun das Ergebnis als Erfolg: „Die Fans dürfen das als kleinen Sieg verbuchen. Wir haben gezeigt, dass man mit uns nicht alles machen kann.“ CHRISTIAN MEYER