Halber Lohn für gleiche Arbeit

LEIHARBEIT Der Bremerhavener Logistikdienstleister Rhenus Midgard kündigt seine Stammbelegschaft und ersetzt sie durch Leiharbeiter. Damit folgt Rhenus einem Trend zur Billiglohnarbeit in der Hafenwirtschaft

Immer mehr Unternehmen greifen auf Niedriglohnarbeiter aus Zeitarbeitsfirmen zurück.

■ 9.128 von 42.465 Arbeitnehmern im Bereich wirtschaftliche Dienstleistungen waren vergangenes Jahr in Bremen Leiharbeiter.

■ 2009 wurden im Bundesgebiet 609.720 Leiharbeitnehmer von 24.549 Firmen verliehen.

■ Vor zehn Jahren waren es noch 339.022 Leiharbeitnehmer bei 12.501 Verleihern.

Lediglich zwei der 36 Mitarbeiter wird der Logistikdienstleister Rhenus Midgard behalten. Fast alle Angestellten werden zum 30. April entlassen.

Laut Betriebsratsvorsitzendem Peter Kahn werden die verbliebenen Mitarbeiter die Geschäfte weiterführen und dafür die Stammbelegschaft durch Leiharbeiter aus der hauseigenen Zeitarbeitsfirma ersetzen. Die heißt Rhenus Port Service und wurde vor etwa vier Jahren gegründet. „Man hat uns gesagt, sie würden uns keine Arbeit wegnehmen“, sagte Kahn. Nun sollen die Leiharbeiter aber die ganze Arbeit machen. Den Gekündigten sei angeboten worden, in die konzerneigene Leiharbeitsfirma zu wechseln, so Kahn. Für Rhenus Midgard würde sich das lohnen, statt 17,26 Euro zahlt Port Service 8,63 Euro pro Stunde. Das Unternehmen wollte sich zu den Entlassungen nicht äußern. Ein Sprecher sagte auf Anfrage lediglich, man habe seit Jahren Verluste gemacht, deshalb der Schritt.

Mit dem Übergang zur Billiglohnarbeit folgt das Unternehmen offenbar einem Trend. Leiharbeit hat in Bremen in den vergangenen zehn Jahren um 150 Prozent zugenommen. Nach den Querelen um die neuen XL-Filialen der Drogeriekette Schlecker trägt das Phänomen auch den Beinamen Schlecker-Prinzip. Einen solchen Trend habe es laut Harald Fengler von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gerade in der Hafenwirtschaft zwar schon immer gegeben, aber es würde versucht, das Phänomen zurückzudrängen, beispielsweise über den Gesamthafenbetriebsverein. Der soll Hafenbetrieben Arbeitskräfte aus einem eigenen Pool auf Zeit vermitteln, damit diese in Spitzenzeiten nicht auf externe Leiharbeitsfirmen zurückgreifen. Doch auch um den Gesamthafenbetriebsverein steht es momentan nicht allzu gut. Derzeit zählt er 650 Mitarbeiter, die den Hafenunternehmen zu teuer sind. Statt 13 Euro pro Stunde wollen sie nur neun Euro zahlen.

Erst Anfang des Jahres umging das Logistikunternehmen BLG dieses Problem, indem es Einstellungen in einer eigenen Niedriglohn-Tarifgruppe vornahm. 75 Mitarbeiter, die am Autoterminal Bremerhaven arbeiten, wurden für 10,30 Euro Stundenlohn fest angestellt.

Niedriglohnarbeit wird zur Normalität. „Das ist in letzter Zeit erheblich mehr geworden, aber in allen Branchen, die Zeitarbeiter beschäftigen“, so Gewerkschafter Fengler. KRISTIN KIELON