Mehr Islam für Deutschland

MUSLIME Das Fach Islamische Theologie soll an deutschen Universitäten ausgebaut werden. Der neue Professur für Religionspädagogik wird einiges zu tun haben

Für den Religionsunterricht in Deutschland würden 2.000 Fachkräfte benötigt

Mouhanad Kourchide steht ein schwieriger Job bevor. Der Wiener Religionspädagoge soll ab April – zunächst als Vertretung –an der Universität Münster LehrerInnen für den islamischen Religionsunterricht ausbilden. Eigentlich sollte das Muhammad Sven Kalisch tun. Doch als der Professor vor zwei Jahren die historische Existenz des Propheten Mohammed anzweifelte, zogen sich die muslimischen Verbände aus dem Beirat des Centrums für religiöse Studien zurück und rieten öffentlich davon ab, bei Kalisch zu studieren. Mit Unterstützung des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministers Andreas Pinkwart (FDP) entzog die Uni Kalisch die Ausbildung der Religionslehrer und richtete eine neue Professur für islamische Religionspädagogik ein. Diese soll nun Khorchide bekommen, über dessen Berufung der Senat der Universität am 28. April offiziell entscheidet. Noch aber fehlt die Zustimmung der muslimischen Verbände, eine Stellungnahme war bis Mitte März angefragt.

Die Verbände haben zwar formal kein Vetorecht. Aber die Ausbildung von Lehrern mache doch nur Sinn, wenn diese später von Eltern und Kindern auch akzeptiert würden, heißt es im Ministerium.

„Wir haben ein sehr gutes und konstruktives Gespräch mit Mouhanad Kourchide geführt“, sagte Aiman Mazyek, Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, nach einem Treffen mit dem Kandidaten. Jetzt sei es am NRW-Wissenschaftsministerium und an der Uni Münster, Strukturen zu schaffen, in denen die islamischen Verbände dem Lehrstuhl zur Seite stehen könnten. Deshalb haben die Verbände um ein Gespräch im Ministerium gebeten, das bislang noch nicht zustande gekommen ist.

Die Universität Münster bildet seit 2004 als eine von inzwischen drei Hochschulen in Deutschland LehrerInnen für den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht aus, den es derzeit in Deutschland nur in wenigen Modellprojekten gibt. Münster hat zudem den bundesweit einzigen Lehrstuhl in „Religion des Islam“, den Kalisch weiterhin innehat. Der Wissenschaftsrat, das Beratungsgremium des Bundes und der Länder, hat Anfang des Jahres empfohlen, das Fach Islamische Theologie an deutschen Universitäten auf- und auszubauen.

Damit soll die „fundierte Ausbildung“ von islamischen Religionslehrern, Imamen und Nachwuchswissenschaftlern gefördert werden. An deutschen Schulen werden derzeit schätzungsweise 700.000 muslimische SchülerInnen unterrichtet. Bei einem bundesweiten islamischem Religionsunterricht würden 2.000 Fachkräfte benötigt, heißt es. Bedarf gebe es zudem an Imamen, die bislang überwiegend aus dem Ausland kommen. Da der Islam keine Strukturen wie die Kirchen kennt, empfiehlt der Wissenschaftsrat theologisch kompetente Beiräte, die über die Studieninhalte mitbestimmen können und unabhängig sein sollen. Darin sollten die Islamverbände, die Aleviten, wenn diese sich der islamischen Religion zurechnen, sowie unabhängige Muslime vertreten sein.

SABINE AM ORDE