Neues Konzept für umstrittenes Heim Feuerbergstraße

Sozialbehörde plant, jugendliche Straftäter zur U-Haftvermeidung im geschlossenen Heim unterzubringen. Im Gegenzug würde rot-grünes Projekt des betreuten Wohnens abgewickelt. Für schwierige Fälle soll weitere geschlossene Einrichtung entstehen. Diakonie als Träger im Gespräch

Sozial- und Justizbehörde erwägen, das betreute Wohnen für Jugendliche zur U-Haftvermeidung abzuschaffen und stattdessen junge Straftäter in das geschlossene Heim in der Feuerbergstraße zu sperren. Bisher können Gerichte straffällig gewordene Jugendliche bis zur Hauptverhandlung statt in den Knast in die offenen Wohnungen im Hofschläger Weg schicken. „In Anbetracht knapper Kassen“, bestätigte gestern Justizbehördensprecher Henning Clasen einen Bericht der Welt, werde die Aufgabe der Wohngruppen geprüft.

Die Einrichtung ist eine Alternative zum Jugendgefängnis auf der Elbinsel Hahnhöfersand und wurde Ende der 90er Jahre unter Rot-Grün eingerichtet. Ihre Initiatoren vertreten die These, dass gerade bei Jugendlichen, die nach ersten Gesetzesverstößen hinter Gittern kommen, die Untersuchungshaft die kriminelle Karriere verfestigt.

Die Belegung im Hofschläger Weg „ist ein Hinweis“, so Clasen, „dass Richter die Einrichtung nicht richtig annehmen“. Die Auslastung liege bei höchstens 60 Prozent. Für die neun Plätze stelle die Justizbehörde jährlich bis zu 700.000 Euro bereit.

Die Feuerbergstraße wird unter Regie der Sozialbehörde geführt. 2005 zahlte sie für die 18 Plätze, von denen im Jahresschnitt ein Drittel belegt ist, 1,9 Millionen Euro. Zurzeit leben sieben Jungen in der „Geschlossenen Unterbringung“ (GU). In das 2003 eröffnete Heim werden auffällig gewordene Jugendliche eingewiesen, die teilweise nicht strafmündig sind. Wegen zahlreicher Vorfälle und Ausbrüche ist das Haus stark in der Kritik.

Sozialbehördensprecherin Katja Havemeister betonte gestern, an der Neukonzeption werde noch gearbeitet. „Überlegt“ werde, drei Gruppen unterzubringen: Jugendliche zur U-Haftvermeidung, eine GU-Gruppe nach bisherigem Ansatz sowie eine Gruppe „Offene Anschlussbetreuung“: Einige Heimbewohner würden Bindungen zu Betreuern aufbauen. Für sie könne es sinnvoll sein, nach ihrer Entlassung ohne Ausgangsbeschränkung noch eine Zeit im Heim wohnen zu bleiben.

Wie Havemeister bestätigte, ist zudem eine weitere geschlossene Einrichtung geplant für straffällig gewordene Jugendliche, die eine besondere pädagogische oder psychiatrische Betreuung benötigten. Über die Trägerschaft werde mit der Diakonie verhandelt. Weil die Gespräche andauerten, werde die Behörde keine Details mitteilen.

Die Grünen reagierten mit massiver Kritik auf die drohende Abschaffung des betreuten Wohnens als U-Haft-Alternative. „Hier soll eine erfolgreiche Einrichtung geopfert werden, um die Feuerbergstraße zu stabilisieren“, meinte GALier Till Steffen. In den Wohngruppen müssten die Jugendlichen sich strengen Regeln unterordnen im Wissen, dass sie bei Verstößen in der U-Haft landeten. Hielten sie durch, sähen die Gerichte zumeist davon ab, sie später in Strafhaft zu schicken. Angesichts dieser Chance gebe es fast keine Gewalt in der Einrichtung, so Steffen: „Diese Klientel will die CDU nun benutzen, um Ruhe in die Feuerbergstraße zu bringen.“

SPD-Jugendpolitikern Andrea Hilgers begrüßte indes, dass der Senat „Korrekturbedarf erkannt hat und zugibt, dass das bisherige Konzept Feuerbergstraße gescheitert ist“. Zugleich warnte sie aber, der Grund für die Neukonzeption seien nicht fachliche, „sondern rein fiskalische Überlegungen“. EVA WEIKERT