Noch lange kein Ende

Beschäftigte im öffentlichen Dienst demonstrieren in der Innenstadt. Auch mehrere Kitas bestreikt. Für heute Staus vor dem Elbtunnel angedroht

„Wir sind bereit zum Streik – denn zu verlieren haben wir nichts“

von MATHIAS BECKER
und EVA WEIKERT

Trotz schweren Schneegestöbers sind gestern nach ver.di-Schätzungen rund 2.000 Angestellte des öffentlichen Dienstes einem Demonstrationsaufruf der Gewerkschaft gefolgt. Ein rund vierhundert Meter langer Zug Streikender bewegte sich lärmend vom Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof zur Abschlusskungebung am Gänsemarkt.

Vertreten waren neben Angestellten aus Verwaltung und Behörden auch Mitarbeiter der Staats- und Universitätsbibliothek, der Polizei sowie Hamburgs Schulhausmeister. Die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst wehren sich mit dem Streik gegen Forderungen der Arbeitgeber nach einer Rückkehr zur 40-Stunden Woche. Bislang liegt die Arbeitszeit bei 38,5 Stunden.

Außerdem waren dem Aufruf zu einem eintägigen Warnstreik die Beschäftigten aus acht Kitas gefolgt. Vier der betroffenen Tagesstätten blieben daher gestern geschlossen, vier weitere öffneten mit einer Notbesetzung. „Wir wollen kein Zweiklassensystem in den Kitas“, sagte Erzieherin Karin Grötz von der Kita am Zeiseweg in Altona.

Die Kita-Beschäftigten streiken, weil ihr Arbeitgeber – die Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten – ihre Gehälter kürzen will. Um ein neues Vergütungssystem etablieren zu können, trat die Kita-Vereinigung aus der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH) aus. Laut ver.di sollen die Gehälter zehn Prozent niedriger angesetzt werden, als es der Tarifvertrag Öffentlicher Dienst vorsieht.

Die Gewerkschaft erneuerte gestern ihre Forderung an die Kita-Vereinigung, in die AVH zurückzukehren. Die Beschäftigten, so Rose, „dürfen nicht schlechter gestellt werden als bei anderen Träger wie Kirche und Wohlfahrtsverbänden“.

Hedi Colberg-Schrader aus der Geschäftsführung der Kita-Vereinigung sagte der taz, die Leitung „strebt einen Tarifvertrag und die Rückkehr in die AVH an“. Um den alten Tarif zu halten, reiche das Geld aber nicht aus. Grund dafür sei die vom Senat im Zuge des Gutscheinsystems eingeführte Pauschale als Refinanzierung der Kita-Plätze. „Wir müssen uns in dem Rahmen bewegen, den uns die Stadt vorgibt“, so Colberg-Schrader.

Ihr zufolge gab es „keinerlei Probleme“ für Eltern und Kinder aufgrund des Streiks. Wer seine Kinder nicht selbst versorgen konnte, habe Platz in einer anderen Kita gefunden. Alle Eltern seien rechtzeitig über den Arbeitskampf informiert worden.

Erzieherin Grötz beklagte auf der Demo, sie und ihre Kollegen seien überlastet und müssten mit anderthalb Stellen bis zu 25 Kinder betreuen. „Wir sind bereit zum Streik – denn zu verlieren haben wir nichts.“, so Grötz.

Einen Tarif werde man sich „nicht diktieren lassen“, rief ver.di-Landeschef Wolfgang Rose der Menge auf dem Gänsemarkt zu. Die Streiks würden erst enden, wenn eine „annehmbare“ Lösung gefunden werde. Bürgermeister Ole von Beust forderte er auf, in den Konflikt einzugreifen.

Unterstützung erhielten die Gewerkschafter vom Deutschen Beamtenbund. Dessen Vorsitzender Rudolf Klüver drohte mit der Sperrung des Elbtunnels an diesem Wochenende. Eine Notdienstvereinbarung sieht jedoch vor, dass mindestens eine Spur in jeder Richtung offen bleibt.

Solidarisch mit den Streikenden erklärten sich neben Vertretern von Einzelhandel und Banken auch der Gesamthafenbetrieb. Dessen Betriebsratsvorsitzender Bernt Kamin klärte die ver.di-Forderung nach der Rückkehr zur 38,5-Stunden-Woche auf. Es gehe dabei nicht um 18 Minuten, sondern um „Tausende von Jobs“. Kamin: „Das versteht sogar ein Hafenarbeiter.“