Ans wilde Ufer kommen

Franz Xaver Kroetz liest im Thalia-Nachtasyl aus seinem Prosadebüt „Blut und Bier“

„15 ungewaschene Stories“ verspricht Franz Xaver Kroetz in seinem neuen Buch, das den Titel Blut und Bier trägt und aus dem er jetzt im Thalia Nachtasyl liest. Muss man das kennen? Zugegeben, das Thema ist so neu nicht. Denn Kroetz schreibt über die Lust, oder besser die Unlust, die Unpässlichkeit oder Unfähigkeit – zu schreiben. Kein neuer Topos, doch gelingt es dem Bayern, einen neuen Ton zu finden für die Qualen der Schriftstellerei.

Kann ich heute schreiben?, fragt sich der Autor jeden Tag aufs Neue, und er tut das in der ihm eigenen Sprache: Bis heute gibt er am liebsten den dirty old bavarian. Einen, der es nicht nötig hat, sich das eigene Leben schön zu reden. Suff, Versagensängste, Schreibblockaden, Selbstmitleid und das Älterwerden – das alles drechselt der in den siebziger und achtziger Jahren auf allen Bühnen rauf- und runtergespielte politische Volksdramatiker und Kir Royal-TV-Klatschreporter „Baby Schimmerlos“ zu ziemlich direkter, volkstümlicher Grantl-Literatur.

Blut und Bier ist übrigens sein Prosadebüt. Bitterkomische, derbe, sarkastische, wütende, zumindest teilweise autobiografische Geschichten über das Scheitern sind hier zu lesen. „Niederlagen sind auch Herausforderung“, sagt Kroetz. Scheitern beim Schreiben ist wie Scheitern in der Politik, denn Kunst und Leben kommen bei Kroetz stets zusammen: „Bin kein politischer Mensch mehr, ist mir abhanden gekommen. Mein politisches Leben ist voller Niederlagen. Alles, was ich mir gewünscht habe, ist nichts geworden, und was ich mir nicht gewünscht habe, ist geworden.“

Entstanden sind die meisten der Erzählungen des 1964 geborenen Münchners auf einer Asienreise. Und man kann in der Tat von einem Kroetz-Comeback sprechen, denn dieser macht derzeit nicht nur mit seinem Buch von sich reden: Am Bayerischen Staatsschauspiel inszenierte er Jörg Grasers Servus Kabul – viel diskutiert, doch mit Riesenerfolg.

Jetzt ist Kroetz im Nachtasyl zu Gast – und gibt auch den einen anderen Fingerzeig, wie es doch wieder klappen könnte mit dem Schreiben: „Das wilde Ufer, sagte er und nahm einen Schluck aus dem Rotweinglas, das ist es doch. Es ist doch das wilde Ufer, das man erreichen muss. Dann ist man ein Künstler, dann kann man schreiben!“ Marek Storch

Do, 9.3, 20 Uhr, Nachtasyl im Thalia Theater