IRANS ATOMPROGRAMM: BUSH ÄRGERT SICH. DAS SOLLTE TEHERAN NUTZEN
: Ausweg ohne Gesichtsverlust

Noch gerade rechtzeitig, bevor sich der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) gestern Nachmittag dem Konflikt um das iranische Atomprogramm zuwandte, zeigen sich erste Risse in der problematischen Phalanx, in der EU, USA, Russland und China in dieser Frage seit Anfang Februar auftraten. Moskau hat einen Kompromissvorschlag gemacht, dessen Umsetzung eine Atomwaffenentwicklung im Iran verlässlich verhindern, zugleich aber der Führung in Teheran die Gesichtswahrung erlauben würde. IAEA-Direktor al-Baradei unterstützt den Vorschlag, und mit der Berliner Bundesregierung ließ auch bereits ein Mitglied des EU-Trios Sympathien für den russischen Vorschlag erkennen.

Das ist eine gute Entwicklung. Denn nun besteht die Chance, dass die Strategie der Bush-Administration, den Konflikt um das iranische Atomprogramm durch seine möglichst baldige Weitergabe an den UNO-Sicherheitsrat weiter eskalieren zu lassen, nicht aufgehen wird. Entsprechend harsch sind die Reaktionen aus Washington auf die Moskauer Initiative. Die Bush-Administration will Iran grundsätzlich und auf ewig verbieten, selbst in kleinstem Umfang, ausschließlich zu Forschungszwecken sowie unter schärfster internationaler Überwachung solche Technologien zu nutzen, die sich potenziell nicht nur zur Erzeugung atomarer Energie, sondern auch zur Herstellung von Atomwaffen nutzen ließen.

Dieses Ansinnen der Regierung Bush unterminiert den Atomwaffensperrvertrag, der bereits durch den jüngsten Nukleardeal der USA mit Indien geschwächt wurde. Die US-Regierung nährt den Verdacht, dass sie den Sperrvertrag durch eine Regime ersetzen will, in dem die USA entsprechend ihrer nationalen Interessen künftig allein oder mit einer Hand voll von Washington ausgewählter Staaten darüber bestimmen, wer was darf auf dem nuklearen Sektor. Und die Führung in Teheran würde sich zum Gehilfen derartiger Bestrebungen machen, sollte sie den russischen Kompromissvorschlag ablehnen. Genau dies lassen die ersten Reaktionen Irans befürchten. ANDREAS ZUMACH