REINER WANDLER ÜBER DIE KRISE IN PORTUGAL
: Lissabonner Scheitern

Portugals Präsident Aníbal Cavaco Silva ist gescheitert. In einer Fernsehrede sprach er sich gegen Neuwahlen aus. Cavaco Silva versucht damit, die Krise zu beenden, die Portugal erneut in den Strudel der Finanzspekulation gerissen hat.

Schuld war daran die Regierung um den Konservativen Pedro Passos Coelho, die der Präsident jetzt im Amt bestätigt hat. Die Rechtskoalition der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), der auch Cavaco Silva angehört, und der kleineren CDS-PP waren wochenlang mit internen Streitigkeiten beschäftigt.

In dieser Situation verlangte der Staatschef eine große Koalition, um Stabilität zu garantieren. Doch die Sozialisten (PS) lehnten ab. Sie hatten einst das Rettungsgesuch an EU und Troika gestellt und waren dafür von den Wählern abgestraft worden.

Ein erneutes Einknicken zugunsten der Austeritätspolitik wollten sich die Sozialisten nicht leisten.

Die Entscheidung Cavaco Silvas gibt der Regierung eine Verschnaufpause. Die Probleme löst sie nicht. Portugal hat sich in nur zwei Jahren vollkommen kaputtgespart. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordwerte hochgeschnellt, Steuererhöhungen nehmen denen, die noch einen Job haben, beträchtliche Teile ihres Einkommen. Der ohnehin schwache Sozialstaat ist mittlerweile so gut wie inexistent. Trotzdem wird Portugal die Staatsverschuldung nicht im vorgesehenen Zeitrahmen unter 3 Prozent senken können. Ein Ende des Leidens ist für die Bevölkerung nicht in Sicht.

Einziger Gewinner ist derzeit der Chef der CDS-PP, Außenminister Paulo Portas. Er soll jetzt mit der Troika den weiteren Fahrplan, der Lockerungen enthalten muss, aushandeln. Geht es gut, kann er sich den Erfolg vor den nächsten Wahlen ans Revers heften. Geht es schief, könnte er die Regierung in eine erneute Krise stürzen.

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