Putin-Kritiker nach Protest wieder frei

RUSSLAND Gericht entlässt verurteilten Alexei Nawalny aus der Haft

KIROW afp | Ein russisches Gericht hat überraschend den Oppositionellen Alexei Nawalny bis zum Ende seines Berufungsverfahrens auf freien Fuß gesetzt. Der 37-jährige Anwalt und Blogger wurde nach dem Richterspruch in Kirow am Freitag umgehend freigelassen. Das Gericht erklärte, dass ihm durch den Verbleib in Haft das Recht genommen würde, zur Bürgermeisterwahl in Moskau am 8. September anzutreten.

„Was hier passiert ist, ist ein völlig einzigartiges Ereignis im russischen Justizsystem“, sagte Nawalny. Der Kremlkritiker war am Donnerstag in einem umstrittenen Prozess wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden (taz berichtete). Die Verteidigung kündigte daraufhin Berufung an. Die Staatsanwaltschaft reichte ihrerseits überraschend Beschwerde gegen Nawalnys sofortige Inhaftierung ein.

Der Schuldspruch verbietet Nawalny im Prinzip die politische Betätigung, doch darf er zu der Wahl antreten, solange das Urteil nicht rechtskräftig ist. Nawalny sagte am Freitag, er werde bei der Rückkehr nach Moskau entscheiden, ob er zu der Wahl antrete oder diese boykottiere.

In Moskau und St. Petersburg hatten am Donnerstagabend Tausende gegen das Urteil protestiert. Laut Polizei nahmen in Moskau vor dem Kreml 2.500 Menschen an den nicht genehmigten Protesten teil, Aktivisten sprachen von 10.000 Teilnehmern. Nawalny gilt als einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Als Blogger machte er sich einen Namen durch kritische Recherchen zu Korruption in Großkonzernen. Der charismatische Anwalt kündigte zudem an, bei der Präsidentenwahl 2018 gegen Putin anzutreten.