Sechs Monate auf dem Rad

AUFKLÄRUNGS-TOUR Ein Bremer strampelte mit Gehörlosen ein halbes Jahr lang quer durch Südamerika, um auf deren Lage in der Region aufmerksam zu machen. Die Reaktionen waren durchwachsen.

„In Ecuador sind wir öfter als Verrückte oder Psychopathen bezeichnet worden.“

Rund 3.000 Kilometer ist der Bremer Sebastian Burger per Tandem mit Gehörlosen durch Südamerika geradelt. „Damit wollte ich auf die Probleme der Gehörlosen aufmerksam machen“, sagte der 29-Jährige zum Abschluss der mehr als sechsmonatigen Radtour durch Brasilien, Peru, Bolivien und Ecuador in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Begleitet wurde der Radfahrer auf dem größeren Teil der Strecke von südamerikanischen Gehörlosen sowie Studentinnen der Gebärdensprache aus Deutschland.

Burger startete die Tour unter dem Motto „Lasst uns mit Zeichen aufbrechen“ am 1. September 2009 in der brasilianischen Millionenmetropole São Paulo. Drei eigens aus Hamburg eingeschiffte Tandems standen dem Team dafür zur Verfügung. Die Schirmherrschaft hatte die Christoffel Blindenmission übernommen, die bei der Beschaffung der Ausrüstung half. Unterwegs besuchte die Gruppe nach Burgers Angaben mehr als 90 Schulen und andere Bildungseinrichtungen, wo sie auf die Situation gehörloser Menschen aufmerksam machten und Grundkenntnisse in der Gebärdensprache vermittelten. Sie organisierten Workshops und sprachen mit Betroffenen vor Ort.

Die Reaktionen auf die außergewöhnliche Reisegruppe seien in den drei Ländern sehr unterschiedlich gewesen, sagte Burger am Freitag. „In Brasilien konnten wir ohne Probleme in Tankstellen, bei der Marine oder dem Militär kostenlos unser Zelt aufschlagen“, erinnerte sich Burger. „In Ecuador hingegen sind wir öfter als Verrückte oder Psychopathen bezeichnet worden“, fügte er hinzu.

Dies zeige, dass sich in Südamerika noch stärker als in Europa das Vorurteil halte, Gehörlose seien von ihrer körperlichen Behinderung auch in ihren geistigen Fähigkeiten eingeschränkt. Für alle negativen Erfahrungen der Reise wurde das Team jedoch auf seiner Radtour von atemberaubenden Landschaften entschädigt. Auch wenn die weniger trainierten Tandemfahrer der Gruppe vor allem in Bolivien mit den besonders schlechten Straßen zu kämpfen hatten. „Da haben die schon manchmal ziemlich geschluckt“, erzählt Burger, wenn er sich an extrem hügelige Strecken und Tage mit hoher Luftfeuchtigkeit erinnert.  (dpa)