Christian BussDer Wochenendkrimi
: Happy-Slapping in Regensburg

Das ist Regensburg – nicht Berlin-Neukölln!“ Der Lehrer ist empört, was die Polizei seinen Schülern unterstellt. Klar, es gebe ein gewisses Frustrationspotenzial, eine gewisse Gewaltbereitschaft, einen gewissen Vandalismus. Aber Mord? Das nun wohl doch nicht.

Ein 16-Jähriger ist erschlagen in der Nähe der Donau aufgefunden worden. Offensichtlich war der Junge Mitglied einer Gang, die Jagd auf Reiche gemacht hat. Schlagen, klauen, randalieren – das sind die Methoden, mit der diese Machtlosen sich der Illusion von Macht hingeben. Die Aktionen werden gefilmt und ins Netz gestellt: Happy-Slapping mit Botschaft. „Aber was ist politisch am Klauen von Duschgel?“, fragt Kommissarin Lucas (Ulrike Kriener) ihr Team.

Nein, Regensburg ist nicht Neukölln, aber beim Transfer des ewigen Talkshow-Themas Jugendgewalt aus den Elendzonen der Republik ins Domstädtchen werden neue Erkenntnisse freigesetzt. Denn natürlich verläuft auch durch Regensburg eine Grenze zwischen Arm und Reich, nur dass diese nicht so deutlich markiert ist.

Regisseurin Christiane Balthasar ist eine Krimi-Vieldreherin, aber noch den gängigsten Stoffen gewinnt sie eigene Aspekte ab. Hier dröselt sie nun klug das soziale Geflecht auf, das die Teenager in ihre Pseudorevolte treibt. Sie fühlt sich in die Delinquenten ein, ohne ihre Gewaltfreude zu legitimieren.

Sehr prägnant ist der Einsatz von Lucas’ Anzugträger-Sidekick Leander Blohm (Florian Stetten), der sich jovial eine Ansammlung frustrierter Jungs vorknöpft. „Ich bin Polizist“, sagt er. Doch die Drohung verfängt nicht – kurz danach läuft er mit blutender Nase durchs Bild. So weitet „Aus der Bahn“ den Blick in Sachen Jugendgewalt. Wobei einige Aspekte des Stoffes sowieso universal sind. Sagt die Kommissarin: „Alle Schulen riechen gleich.“ Entgegnet ihr Sidekick. „Ja, nach Angst.“

„Kommissarin Lucas: Aus der Bahn“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF Eine Rezension des Leipzig-„Tatorts“ finden Sie auf taz.de