Gut gemeint, mehr nicht

REGELN USA bannen Konfliktmineralien

Der fatale Effekt: Weniger Coltan wurde exportiert, die arbeitslosen Bergleute gingen zur Miliz

BERLIN taz | Unzählige Untersuchungen der Vereinten Nationen und internationaler Organisationen haben seit 2001 ermittelt, wie in Kongos Kriegsgebieten Geld aus dem Mineralienexport in die Finanzierung von Kriegsparteien fließt. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass Kongos Kriege austrocknen würden, wenn man den Mineralienexport unterbinden könnte.

So wurde die legale Ausfuhr von Rohstoffen aus dem Ostkongo in den vergangenen Jahren schwieriger. 2010 verabschiedete der US-Kongress im Rahmen des Börsenreformgesetzes Dodd-Frank ein Regelwerk, wonach Unternehmen, die in den USA börsennotiert sind und Mineralien aus dem Kongo oder seinen Nachbarn verarbeiten, die „konfliktfreie“ Herkunft dieser Mineralien nachweisen müssen. Die EU diskutiert derzeit ein ähnliches Regelwerk für Europa. Als Grundlage dienen die OECD-Richtlinien für Unternehmen bei der Rohstoffbeschaffung.

Als „Konfliktmineralien“ gilt vor allem die im Ostkongo häufig anzutreffende Mischung der Erze Colombit (Niobit) und Tantalit, im Kongo mit der Abkürzung „Coltan“ bezeichnet. Tantal ist ein unverzichtbarer Bestandteil von Kondensatoren in der Elektronikindustrie und findet vom Mobilfunk bis zur Luftfahrt Anwendung. Weiter genannt wird das Zinnerz Kassiterit.

Seit der US-Gesetzgebung – die noch vor Gericht angefochten wird – meiden viele Elektronikunternehmen weltweit vorsichtshalber sämtliche Zinn- oder Tantaleinkäufe aus dem Kongo. Der legale Export dieser Rohstoffe aus Ostkongo ist daher seit 2011 stark eingebrochen.

Das hat die Lebensbedingungen in Ostkongos Bergbaugebieten verschlechtert. Mit dem Ergebnis, dass mehr junge Ostkongolesen in den Krieg zogen als je zuvor – das Gegenteil des erwünschten Effekts. 54 bewaffnete Gruppen zählt die UNO mittlerweile in Ostkongos Kivu-Provinzen. Die Hauptbeschäftigung: mit der Waffe den Lebensunterhalt zusammenplündern und unliebsame Nachbarn fernhalten.

Es gibt mittlerweile auch Pilotprojekte zum Ankauf „konfliktfreier“ Rohstoffe aus Zinn- und Coltanminen des Kongo. Sie befinden sich hauptsächlich in Kongos Südprovinz Katanga, in der zwar ebenfalls bewaffnete Konflikte toben, die aber anders als Ostkongo eine Hochburg der Regierung von Präsident Joseph Kabila ist, sowie in Süd-Kivu.

Laut Prüfberichten dieser Pilotprojekte ist ein Problem, dass die Einnahmen der Bergleute gesunken sind, weil die Verantwortlichen mehr Geld in die Zertifizierung stecken. Zweifel gibt es auch an der Auswahl der autorisierten Händler für „konfliktfreie“ Mineralien. D. J.