portrait
: Die Königin der Bio-Cremes

Anita Roddick musste sich etwas einfallen lassen. Das Geld war knapp, ihr Mann auf einem Pferd unterwegs in Amerika um sich einen Jugendtraum zu erfüllen. Und ihr kleines italienisches Restaurant und ihr Mini-Hotel in Brighton waren nicht wirklich erfolgreich. Zumindest kam nicht genug Geld für sie und ihre beiden Töchter in die Kasse.

Auf dem Herd in der eigenen Küche kochte sie 1976 dann einen Pfefferminz-Fußbalsam. Sie kannte sich nämlich aus mit Kosmetik aus Pflanzen und Samen. Das hatte sie von ihrer Mutter Gilda und auf ihren vielen Reisen nach Südafrika und Australien gelernt.

Dem Fußbalsam folgten Cremes und Shampoos, und als ihr Mann nach zehn Monaten zurückkehrte, hatte Roddick bereits ihren zweiten „Body Shop“ eröffnet. Die Kette legt bis heute Wert auf politisch korrekte Produkte: fair gehandelte Coconut-Körpercreme, ökologisch verträgliches Bananenshampoo und Erdbeer-Lippenbalsam, der nicht an Tieren getestet wurde. Außerdem steht „The Body Shop“ für ein Frauenbild, das sich nicht nur an Supermodels orientiert.

Jetzt überlegt ausgerechnet der weltgrößte Kosmetikhersteller L’Oréal, Body Shop zu kaufen. Denn Roddick ist schon länger dabei, sich aus dem Geschäft in ihr Landhaus in Sussex zurückzuziehen. 1984 brachte sie das Unternehmen an die Börse, die Familie hält nur noch 19 Prozent.

Trotzdem steht Body Shop nach wie vor für die Ideen und Überzeugungen der Engländerin. Anita Roddick setzt sich gemeinsam mit amnesty international für politische Gefangene ein. Sie engagiert sich für Sozial- und Menschenrechte. Die bei Body Shop verwendeten Rohstoffe werden bei Kooperativen zu fairen Preisen eingekauft. Tierversuche lehnt die naturverbundene Firmengründerin ab. Für ihr Engagement hat Roddick bereits eine Reihe von Umwelt- und Sozialpreisen bekommen. 2003 wurde sie von der Queen zur Richterlichen Dame geadelt. Sie selbst hat bereits Millionen für Sozialprojekte gespendet. Das konnte sie auch, denn Body Shop hat weltweit Erfolg. Heute gibt es die Shampoos und Seifen in über 2.000 Geschäften in 54 Ländern zu kaufen. Während die Kosmetikfirma hierzulande jährlich bis zu 40 Millionen Euro Umsatz macht, liegt der Börsenwert des Gesamtkonzerns bei rund 800 Millionen Euro.

Bleibt die Frage, ob man auch zukünftig noch mit gutem Gewissen bei Body Shop einkaufen kann. Denn L’Oréal ist vor allem an Profit und Wachstum interessiert. Sollte die gute Idee also dem Markt zum Opfer fallen, bleibt nur eine Lösung: den Pfefferminz-Fußbalsam künftig selber kochen.

MIRJAM MEINHARDT