PHILIPPINEN: MIT DEM AUSNAHMEZUSTAND DISKREDITIERT SICH ARROYO
: Gloria ohne Glanz

Gloria Arroyo hat seit dem vergangenen Jahr stark an politischem Ansehen verloren. Viele Filipinos werfen ihr Korruption und Wahlmanipulation vor, seit ihr Telefonat mit einem als käuflich geltenden Mitglied der Wahlkommission vom Mai 2004 bekannt geworden war. Doch mit der gestrigen Verhängung des Notstands diskreditiert sich die Regierungschefin vollends. Paradox daran ist, dass Arroyo, die durch die Wahlen vom Mai 2004 in ihrem Amt bestätigt wurde, einst einzig und allein durch Massenproteste an die Spitze der Regierung gehievt worden war. Das war 2001, nachdem die philippinische Bevölkerung Arroyos ungeliebtem Vorgänger Joseph Estrada nach Korruptionsvorwürfen den politischen Garaus gemacht hatte.

Durch den Ausnahmezustand will Arroyo nicht das Land und seine Menschen schützen, sondern lediglich sich selbst. Zwar hat es immer wieder Putschgerüchte gegeben. Doch ob große Teile der Armee daran mitgewirkt haben, ist zu bezweifeln. Schon einmal hat die Präsidentin einen Putschversuch überstanden: Im Juli 2003 hatten etwa 300 Angehörige der Armee versucht, durch die Besetzung eines öffentlichen Gebäudes auf korrupte Zustände im Staatsapparat und auf Missstände innerhalb der Armee aufmerksam zu machen sowie Arroyo zum Rücktritt zu zwingen. Die Aktion war ein Strohfeuer, die Regierungschefin überstand den „Miniputsch“ ohne Blessuren.

Der jetzige 20. Jahrestag des Sturzes des damaligen Diktators Ferdinand Marcos sollte ein Gedenken an den Sieg der Demokratie sein. Mit der Verhängung des Notstands jedoch hat Präsidentin Arroyo die Selbstbestimmung des Volkes ad absurdum geführt. Gleichzeitig beabsichtigt sie, damit ihre Kritiker mundtot zu machen. Vollmundig hat die Präsidentin jüngst getönt, dass sich das Land nach den Massenprotesten gegen Marcos und ihren Vorgänger Estrada keinen dritten Volksaufstand leisten könne. Doch das Gegenteil ist der Fall: Das Begehren der Bevölkerung drakonisch zu unterdrücken wird sich als viel fataler erweisen und die Reputation der Arroyo-Regierung beschädigen. NICOLA GLASS