Hannelore Kraft hat kein klares Konzept

NRW SPD steht hinter Idee vom „sozialen Arbeitsmarkt“ – doch viele Fragen bleiben offen

Rüttgers nennt Krafts Idee „zynisch“

DÜSSELDORF taz | Im Streit um die Schaffung eines staatlich geförderten dritten Arbeitsmarktes unterstützen die SPD-Arbeitsmarktexperten aus Bund und Ländern zumindest offiziell ihre nordrhein-westfälische Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Die Vorschläge der sozialdemokratischen Landeschefin gingen „in die richtige Richtung“, sagte SPD-Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil nach einem Treffen von Arbeitsmarktpolitikern seiner Partei am Dienstag in Düsseldorf: Die Politik habe derzeit kein Konzept für Menschen, die keine Chance auf einen Job in der freien Wirtschaft hätten.

Kraft hatte sich am Wochenende für die Schaffung gemeinnütziger Jobs für Langzeitarbeitslose ausgesprochen. Als mögliche Tätigkeitsfelder nannte sie die Altenpflege oder die Straßenreinigung. Der NRW-Arbeitsmarktexperte der SPD, Rainer Schmeltzer, sagte, die Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes werde in seinem Landesverband bereits seit 2006 diskutiert. „Der Vorschlag von Frau Hannelore Kraft“ sei Teil des SPD-Wahlprogramms.

Allerdings mussten Heil und Schmeltzer einräumen, dass Krafts Vorstoß kein durchdachtes Konzept zugrunde liegt: Die Finanzierung des von ihr geforderten „gemeinnützigen Arbeitsmarkts“ ist genauso unsicher wie die Höhe seiner Kosten. Auch die Frage, ob Beschäftigte Ansprüche zur Rentenversicherung erwerben, ist ungeklärt, ihre Entlohnung ebenso. „Der Vorstoß aus NRW ist das Konkreteste, was ein SPD-Landesverband zu dieser Debatte bisher beigesteuert hat“, musste Heil dennoch einräumen.

Gewerkschafter wie DGB-Bundesvorstand Annelie Buntenbach und Nordrhein-Westfalens DGB-Chef Guntram Schneider hatten dagegen zuvor klargemacht, Billigjobs auf Hartz-Niveau werde es mit ihnen nicht geben. Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nannte den Vorstoß seiner Herausforderin „zynisch“: Kraft schreibe „ein Viertel der Langzeitarbeitslosen ab“. Die Spitzenkandidatin der nordrhein-westfälischen Grünen, Sylvia Löhrmann, hatte bereits am Montag kritisiert, Kraft habe „die falschen Beispiele zum falschen Zeitpunkt“ gebracht. Die SPD will Krafts Vorstoß in der kommenden Woche trotzdem weiterdiskutieren – zwei Monate vor der Landtagswahl kann der erste bundespolitische Aufschlag der dortigen Spitzenkandidatin nicht einfach verschwinden.

ANDREAS WYPUTTA