Die beiden Koreas nähern sich wieder an

NORDKOREA Anfang April verfügte Nordkorea die Schließung der mit südkoreanischen Unternehmen betriebenen Industriezone Kaesong – jetzt drängt das Land auf Wiedereröffnung. Und nun zögert der Süden. Nächste Woche gehen die Gespräche weiter

Nordkorea braucht dringend Devisen – und will sich für den Tourismus öffnen

PEKING taz | Plötzlich haben es die Nordkoreaner mit der Wiedereröffnung von Kaesong ganz eilig. Dabei war es das Regime in Pjöngjang, das auf dem Höhepunkt der Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel Anfang April die mit südkoreanischen Unternehmern gemeinsam betriebene Industriezone in der nordkoreanischen Grenzstadt schließen ließ. Seit vergangener Woche verhandeln die beiden an und für sich verfeindeten Staaten aber wieder und Pjöngjang hat ausdrücklich seinen Willen bekundet, den Betrieb so schnell wie möglich aufzunehmen. Nun hadern jedoch die Südkoreaner.

Die südkoreanische Regierung habe ein Versprechen von Pjöngjang gefordert, den Industriepark Kaesong künftig nicht mehr politisch zu missbrauchen und einseitig zu schließen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Seoul im Anschluss an die zweiten Gespräche am Mittwoch mit Nordkorea. „Dabei gab es Differenzen.“ Für kommende Woche sei aber eine nächste Verhandlungsrunde angesetzt.

Beim ersten Treffen hatten sich beide Seiten grundsätzlich dazu bereit erklärt, Kaesong wieder in Betrieb zu nehmen. Südkoreanischen Unternehmern war es am Mittwoch erstmals seit drei Monaten wieder gestattet, mit ihrem Fachpersonal die Anlagen zu inspizieren.

Bis zur Schließung im Frühjahr hatten 123 südkoreanische Unternehmen rund 53.000 Nordkoreaner für sich arbeiten lassen. Sie stellten zu niedrigen Löhnen Bekleidung, Haushaltsgeräte, Bauteile für Maschinen und Autos her. Die nordkoreanische Industriezone, wenige Kilometer von der Grenze zum Süden entfernt, ist für das Regime in Pjöngjang wiederum einer der wenigen Devisenbringer und hat ihm allein im vergangenen Jahr 90 Millionen US-Dollar eingebracht. Kaesong galt zugleich als einer der wenigen Erfolge der innerkoreanischen Annäherungspolitik von Anfang der nuller Jahre.

Im Zuge der Spannungen im Frühjahr zwischen Nordkorea auf der einen Seite und Südkorea sowie den USA auf der anderen, ließ das Regime in Pjöngjang Anfang April den Komplex jedoch „vorübergehend“ schließen und verwies die südkoreanischen Unternehmer des Landes. Für die Südkoreaner haben sich seitdem Verluste in Millionenhöhe aufgetürmt.

Die Initiative, den Industriepark wieder in Betrieb zu nehmen, kommt nun von der nordkoreanischen Seite. Nachdem die Vereinten Nationen nach Pjöngjangs jüngstem Atomtest die Sanktionen gegen das Land verschärft hatten und auch der letzte Verbündete China dem zugestimmt und die Hilfen reduziert hat, verfügt das Regime in Pjöngjang nur noch über wenig Einnahmen.

Das dürfte erklären, warum der junge Diktator Kim Jong Un auch wieder Wirtschaftsreformen und selbst eine weitere Öffnung zumindest einiger Landesteile in Betracht zieht. So hat er vor zwei Wochen den Bau eines Skiressorts im Norden des Landes angekündigt und vergangene Woche die Planung eines Badeortes an der Südostküste. Beide Orte sollen ausländische Touristen in das bislang streng abgeschirmte Land anlocken – und damit Devisen. FELIX LEE

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