Ugandas Kriegsopfer wollen den Wandel

Heute wird in Uganda gewählt. Der endlose Krieg gegen die brutalen LRA-Rebellen im Norden des Landes trübt die Bilanz von Präsident Museveni nach zwanzig Jahren an der Macht. Beschert ihm der Unmut der Kriegsvertriebenen die Niederlage?

AUS KITGUM ILONA EVELEENS

Brauner Matsch kocht in einem großen Kessel auf einem Feuer unter einem Mangobaum. Zwei Frauen rühren darin, Alkoholduft steigt auf. Doreen Pido hält sich zurück, um den Dampf nicht einzuatmen, und redet auf die Bierbrauerinnen ein. „Ihr müsst wählen gehen“, sagt sie. „Sonst verdient ihr es nicht, diesem Elend zu entfliehen.“

Die beiden Frauen zucken mit den Schultern. „Bei den Wahlen vor fünf Jahren haben wir gegen Museveni gewählt und nichts hat sich geändert. Er ist immer noch Präsident und wir sitzen immer noch hier“, sagt eine.

Bier brauen und Holz hacken sind die einzige Möglichkeit, in Labuje Geld zu verdienen. Das Flüchtlingslager mit über 17.000 Bewohnern liegt am Rande der nordugandischen Stadt Kitgum – eines von unzähligen Lagern, wo die 1,6 Millionen Vertriebenen des endlosen Krieges zwischen Ugandas Armee und der Rebellenbewegung LRA (Lord’s Resistance Army) Unterschlupf gefunden haben. Die von Sudan unterstützte LRA kämpft seit den späten 80er-Jahren gegen Museveni und ist vor allem durch brutale Kindesentführungen berüchtigt geworden.

Die Einwohner von Labuje kommen alle aus einer Gruppe von Dörfern nur sieben Kilometer außerhalb von Kitgum. „Dort mangelte es uns selten an Geld“, erinnert sich Doreen Pido, eine der Lagerleiterinnen. „Wir waren Bauern und verkauften unsere Ernte auf dem Markt und hatten immer Geld in der Tasche. Das Leben war gut.“ Doch dann trieb die Armee die Menschen in das Lager, um sie vor LRA-Angriffen zu schützen.

Die Nordugander stehen zwischen den Fronten. Sie mögen Präsident Museveni nicht, weil er in seinen 20 Jahren an der Macht Uganda entwickelt hat – nur ihre Region nicht. Die Acholi, das größte Volk im Norden, ist davon überzeugt, dass Museveni sie aus Rache vernachlässigt. Denn Acholi stellten die Mehrheit der Armee der wechselnden Regierungen der 80er-Jahre, die 1986 von Museveni verjagt wurden. Als die LRA den Kampf gegen Museveni aufnahm, wurde sie teilweise von den Acholi unterstützt, aber als sich ihr Terror gegen die Bevölkerung kehrte, hörte das auf.

Die Gassen zwischen den Hütten in Labuje sind kaum breit genug, um einen Menschen durchzulassen. Doreen Pido zeigt ihr Häuschen, wo kaum ein Bett und ein Stuhl hineinpassen. „Nur mein Mann, ich und die jüngsten Kinder schlafen hier. Die Älteren schlafen irgendwo in der Stadt.“ Die meisten Kinder aus Labuje schließen sich abends der Armee von Altersgenossen an, die jede Nacht zu tausenden in das Zentrum von Kitgum wandert, um Schlafplätze zu suchen. Sie schlafen auf den Terrassen des Krankenhauses, unter Vordächern von Schulen, in Zelten, die von Hilfsorganisationen aufgestellt wurden. Dort sind sie sicherer vor Entführungen durch die LRA als draußen im Lager.

Die Lagerbewohner von Labuje möchten alle nach Hause. Es wäre nur wenige Kilometer entfernt. Aber wenn sie weggingen, könnte die Armee sie für LRA-Kämpfer halten und töten. Ihre Felder können sie nicht bebauen, weil die Armee die Ernte vernichten würde, damit die LRA sie nicht plündert.

Präsident Museveni sagt häufig, dass der Krieg im Norden beendet ist. Die Lagerbewohner fragen sich, warum sie dann nicht nach Hause können. Der deutsche Priester Josef Gerner von der Comboni-Mission in Kitgum meint, die Lage habe sich nur wenig verbessert. „Die LRA scheint auseinander gefallen zu sein. Die Kämpfer wandern herum in kleinen Gruppen, die wahrscheinlich nicht unter einheitlicher Führung stehen. Dadurch sind sie aber vielleicht gefährlicher.“

Priester Gerner versteht nicht, warum die ugandische Armee den Krieg nicht schon beendet hat. „Die USA haben Angriffshubschrauber geschenkt. Die ugandischen Truppen verfügen über moderne gepanzerte Fahrzeuge und es gibt tausende von Soldaten hier. Meistens weiß die Armee genau, wo die LRA sich aufhält, aber wenn sie angreift, macht sie das meistens von einer Seite, statt die Rebellen einzukreisen – als ob sie der LRA einen Fluchtweg bietet.“

Viele Nordugander glauben, dass Museveni den Krieg jetzt aus wirtschaftlichen Gründen weiterlaufen lässt. Im Norden von Uganda sollen 45.000 Soldaten stehen – aber die Bevölkerung glaubt eher an 20.000. Für die restlichen „Phantomsoldaten“ wird trotzdem Sold zur Verfügung gestellt, den hohe Offiziere kassieren. Die Versorgung der Kriegsvertriebenen durch Hilfswerke braucht Logistik – und hohe Militärs haben Geschäftsbeziehungen mit Transportfirmen und Hotels und vermieten Häuser. Eines steht für Priester Gerner fest. „Ich habe keine Idee, ob die Lage sich bessern würde, wenn Besigye statt Museveni Präsident wird. Sicher ist aber, dass es jedenfalls nicht schlechter werden kann.“