Der Bart ist ab

ÄGYPTEN Islamisten entmachtet: Nach dem viel bejubelten Putsch gegen Präsident Mursi setzt das Militär eine Übergangsregierung ein. Führende Vertreter der bisher regierenden Muslimbruderschaft werden verhaftet. Der Westen reagiert hin und her gerissen. Welche Folgen hat die Absetzung des ersten demokratisch gewählten Staatschefs für Ägypten und die arabische Welt?

KAIRO afp/ap/taz | Nach dem Sturz von Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi durch die Armee ist am Donnerstag Adli Mansur, der Präsident des Verfassungsgerichts, als Interimspräsident vereidigt worden.

Die Armee hatte Mursi am Mittwochabend nach tagelangen Massenprotesten entmachtet. Armeechef Abdel Fatah al-Sisi kündigte die Bildung einer Übergangsregierung und baldige Neuwahlen an. Mursi selbst wurde unter Hausarrest gestellt. Zugleich gingen die Streitkräfte gegen die bislang regierende Muslimbruderschaft vor, der Mursi angehört: Auch ihr Chef Mohammed Badia wurde im Zusammenhang mit dem Tod von acht Demonstranten festgenommen. Nach 200 Mitgliedern der Muslimbruderschaft wird gefahndet.

Die meisten deutschen Politiker reagierten mit einer Mischung aus Kritik und Verständnis auf Mursis Absetzung. „Es handelt sich hier ohne Zweifel um umwälzende Ereignisse“, sagte Kanzlerin Angela Merkel, „die wir doch mit großer Sorge verfolgen.“ Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin erklärte, ein Putsch gegen einen gewählten Präsidenten sei zwar „ein äußerst fragwürdiger Vorgang.“ Allerdings habe Mursi mit seinem Versuch, „die ägyptische Gesellschaft zu islamisieren und zu spalten“, selbst die Protestbewegung hervorgerufen. LKW