Keine Post für Murat

Rabiye Kurnaz erläuterte im Theater am Leibnizplatz die aktuelle Situation ihres Sohnes in Guantánamo

Nein, Briefe an ihren Sohn schreibe sie nicht, sagt Rabiye Kurnaz, Mutter des Bremer Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz, mit zittriger Stimme. Zu groß sei ihre Angst, dass die amerikanischen Soldaten die Post „missbrauchen“, um damit ihren Sohn unter Druck zu setzen, sei es durch Vorenthalt oder durch Verunglimpfung der Briefe.

Wirkliche Freude darüber, dass seit dem USA-Besuch der Bundeskanzlerin wieder Bewegung in den Fall um Murat Kurnaz gekommen ist – laut Rechtsanwalt Bernhard Docke liegt die Freilassung quasi „in der Luft“ – kann die in Hemelingen wohnende Mutter nicht empfinden. „Endlich Murat in die Arme schließen“ wolle sie, erst dann könne sie sich wider freuen.

„Bremen spielt in den Angelegenheiten um den Guantánamo-Häftling eine besondere Rolle“, bemerkte Matthias Güldner, Fraktionsvize der Grünen. Er führte durch das Programm der Veranstaltung, welche die Bremer Shakespeare Company, Amnesty International und der Grünen zu Gunsten von Kurnaz gestern auf die Beine stellten. Doch anstatt sich für die Rechte des früher in Bremen lebenden Türken einzusetzen, sei die Stadt zu zweifelhaftem Ruhm gelangt und habe „noch einen drauf“ gesetzt. Güldner bezog sich mit dieser Äußerung darauf, dass Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) dem jungen Deutsch-Türken die Aufenthaltsgenehmigung zunächst entzogen hatte – da er sich länger als ein halbes Jahr im Ausland aufgehalten habe. Hierdurch hätte Kurnaz selbst im Fall einer Freilassung nicht zurück zu seiner Familie gekonnt.

„Beschämend“ findet diese Vorgehensweise auch Kurnaz’ Anwalt Bernhard Docke. Doch mittlerweile sei für Kurnaz’ Rückkehr „der Weg geebnet“: Die Aufenthaltsgenehmigung wurde wieder ausgestellt. „Spät, aber nicht zu spät“ habe Bremen reagiert, merkte Erhard Mische von Amnesty International an.

Die Forderung nach der Freilassung des Häftlings unterstützt auch Exstaatsrätin Sibylle Winther von der CDU. Allerdings erwähnt sie im gleichen Atemzug eventuelle Sicherheitsauflagen der Amerikaner. In diesem Zusammenhang sprach sie von elektronischen Fußfesseln, was sowohl im zahlreich erschienenen und überwiegend gut bürgerlichen Publikum als auch bei der Grünen Fraktionsvorsitzenden Karoline Linnert auf wenig Verständnis traf: Es könne in Deutschland keine Sicherheitsauflagen für Leute geben, gegen die hier keine Anklage vorliegt.

Katja Früchtenicht