Die Ich-Agenten

Berlinale Star-Album (7): Die Partygänger

Die 25- bis 35-Jährigen dieser Erde, (un-)ausgebildete Kreativschaffende. Sind häufiger auf Zwischenstopp in der Hauptstadt, Easy-Jetting sei Dank.

Schön, dass sie hier sind? Taxi heißt die Limousine dieses Abends, der Palast der Sehnsucht trägt das Gesicht eines alten Postamts in Berlin-Mitte. Ein schmaler roter Teppich führt zum magischen Punkt des Abends: der Einlasscounter, an dem all die regentropfennassen Mantelgestalten in Highheels und Spitzlackschuhen ausgestellt gelassen ihren Namen auf der Gästeliste suchen lassen. Münchenstylisch in Berlin. Ein Stockwerk höher buhlt Champagner in einsamen Kelchgläsern auf Tabletts um Zweisamkeit. Netzwerker freunden sich an unter Lichtbällen, die in Netzen über dem runden Bartresen in der Mitte des Raums baumeln. Unterlegt mit Drum-Bass-usw.-90er-Lounge-Sound. Hier, in diesem Hugo-Boss-Sponsoren-Ambiente schimmert sie nun in geborgtem Glanz, die eigene Arbeitsbiografie, die all die langhaargeföhnten und kurzfrisurgewuschelten jungen Menschen an diesem Abend spazieren tragen. Aufgehübscht und interessant gestylt. Es wird. Bestimmt. Obwohl die Jobs auch nicht auf dieser Tanzfläche liegen.

Verdienen einen Bären für: Akkreditierungskreativität.

Dort trifft man sie: auf den B-Events, den Sponsoren-Partys. Dort gilt es, die A-Events zu erobern: die Filmpremieren-Partys Marke Eichinger und Co.

Ihr wichtigstes Accessoir: Klapphandy, bereit zum Nummerntauschen und Jourfixen.

Ihre zeitgeistigsten Diskurse:

„Ja, es gibt auch noch was anderes als Shoppen, Familie und Glauben und Liebe zum Beispiel.“ ++ „Du, ich hab gestern meinen DKNY-Schal verloren.“ ++ „Geile Frisur!“ ++ „Wo lässt du denn arbeiten?“ ++ „Die Bar ist echt total unterbesetzt.“ ++ „Diese Chichi-Schnitzelchen beruhigen alles, nur keine Magenwände“ – „Ja, nicht so groß wie im Borchardts, aber ein Anfang.“ ++ „Sag mal, ist das von Boss?“ – „Meinst du das ernst?!“ ++ „Noch nicht mal Give-aways, langsam reicht’s mit der neuen Armut.“

Dürfen sie 2007 wiederkommen? Klar! Wenn sie bis dahin keinen festen Job und/oder Kind haben.

SUSANNE LANG