Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Im Schlosspark von Schwetzingen bei Mannheim findet sich am Ende eines langen Laubenganges „Das Ende der Welt“ – eine Tromp-l’oeil-Malerei, die durch ein perfekt gemaltes Loch in der Wand den Blick freigibt auf ein ideales Arkadien. Statt der Apokalypse ein weichgezeichneter Sehnsuchtsort – illusionärer geht es kaum. In Berlin hat Annette Weisser in der Galerie Reception dieses Ende der Welt als durchschaubare Illusionsmaschine nachgebaut. Aus bestimmten Perspektiven funktioniert der Tromp-l’oeil-Effekt zwar, wird aber vom Blick auf das Gestänge und von den erratischen Lichtflecken, die von hinten auf die Landschaft projiziert werden, sofort gebrochen. Die volle Packung Desillusion bekommt aber erst, wer außen herum geht. Unter einem der Metallbeine liegt zum Höhenausgleich die Ausgabe einer bekannten deutschen Wochenzeitung. Titel: „Die Kunst des Täuschens“. Ganz anders, weniger fragil und eher wuchtig, das aber bewusst, geht Nora Schultz vor. Ihre Ausstellung „Hebezeug“ bei Isabella Bortolozzi zeigt, was sie ankündigt: altertümliche Gewichte in unterschiedlichen Größen, gegenüber wird eine ephemere Diashow an die Wand geworfen. Fragile, dynamisch gebogene Stangen winden sich um den Türstock herum und schmierig-rostige, dicke Seilzüge, die so aussehen, als hätte Schultz sie aus dem nächstgelegenen Aufzug geklaut, hängen quer durch den Raum. Im Hinterzimmer steht eine funktionsfähig aufgebaute Druckmaschine, in der einige völlig abstrakte Blätter klemmen. Schultz wird zusammen mit dem Grafikdesigner Manuel Raeder während der Ausstellung weiterdrucken. Auch hier sieht es schmierig aus, dreckig, nach „echter“ Arbeit und offenem Produktionsprozess, nach Bewegung und Gewicht. So wird’s also gemacht, buchstäblich. Fürwahr, das genaue Gegengewicht zur luftigen Illusion.

■ Annette Weisser: „The End of the World“; Reception, Kurfürstenstr. 5/5a, Mi.–Sa., 11–18 Uhr, bis 17. April ■ Nora Schultz: „Hebezeug“; Isabella Bortolozzi, Potsdamer Str. 61, Di.–Sa., 11–18 Uhr, bis 3. April