Und jetzt mit Mommy!

Kleinkinder sollen jetzt clubben. Am Sonntag ließ der Türsteher im Café Moskau nur Kids unter zehn und ihre Eltern rein, als die Partyreihe „Kids Love Disco“ startete

Erst mal ist alles wie immer: eine kleine Reihe wartender Clubgänger vor dem Eingang und der Türsteher mit musterndem Blick. Dann macht der Türsteher den Mund auf: „Hinten ist noch Platz!“ – und dirigiert den nächsten Kinderwagen in eine Parklücke. Drinnen donnert einem erst mal etwas gegen die Beine – ein ungebremst umherrasender Turbo-Knirps. Es bleibt nicht bei diesem einen: Überall sind Kinder! Nein, das hier ist nicht das Café Moskau wie immer. Das ist die Premiere der neuen Partyreihe „Kids Love Disco“ – für Kinder bis zu zehn Jahren und ihre Eltern.

Im Restaurantbereich toben vierjährige Kindergartenboys mit Erstklässlerinnen um die Wette durch die hier eingerichtete Spielwiese. Auf der Tanzfläche hüpfen Mütter mit ihren Töchtern zu ABBAs „Dancing Queen“ – und selbst Säuglinge scheinen ihre Bewegungen zur Musik zu koordinieren. Vielleicht machen sie aber auch nur Bäuerchen. Zeit für einen Windelwechsel. Auch dafür ist gesorgt: Hinter der Spielwiese steht ein Wickeltisch, daneben befindet sich der Ruheraum. Luftballons und Girlanden kleben an den Decken und Wänden, auf dem Fußboden liegt ein Teppich und an der Bar gibt es Schokomilch für eins fünfzig.

„Eine gute Freundin lebt mit ihren Kindern in New York und hat mir von der Party ‚Baby Loves Disco‘ berichtet, die seit ein paar Monaten in Manhattan und Brooklyn läuft“, sagt Veranstalter Bob Young. „Sie meinte, die Partys seien immer voll – das wollte ich dann hier auch mal versuchen.“ Im Party-Probieren ist der 43-jährige Young kein Neuling: Vor über 20 Jahren kam er aus den USA nach Berlin und arbeitet seit 1987 als Betreiber in der Clubszene. Seine Stationen: das 90 Grad, die Bar-Lounge 808 an der Oranienburger Straße, das Pax an der Brunnenstraße. Und im April feiert Youngs schwule Clubnacht im Café Moskau, das GMF, schon ihr zehnjähriges Bestehen.

Heute muss Bob Young aber notgedrungen erst mal Animateur sein: Die Kinder tanzen ihm zu wenig – kein Wunder, wenn der Film „Mulan“ per Beamer an die Wand gestrahlt wird. „Alle Hände hoch!“, ruft er ins Mikro: Viele kleine Arme recken sich beflissen nach oben. „Und jetzt mit Mommy und Daddy!“ Auf „Schnappi“ folgt „Pon de Replay“ von Rihanna.

Vor allem aber piept und klickt es allenthalben: Robust gestylte 30-Jährige knipsen jede Bewegung ihres Nachwuchses, Väter mit Survival-Rucksäcken und Videokamera scheinen ganze Dokufilme zu drehen. „Es ist wie auf einem Kindergeburtstag. Das Konzept ist gut“, erklärt Jörg Mieser, der mit seiner Frau Laura und der sechsjährigen Tochter Ella gekommen ist. Ella stimmt zu: „Ich mag alles!“ Ihre Mutter findet Spielplätze „nur noch langweilig“ und befindet ebenfalls: „Die Party hier ist eine super Alternative.“

Es sieht so aus, als hätte der Dienstleistungsprofi Young tatsächlich noch eine Event-Lücke gefunden. Eine, die ihm selbst nicht nur finanziell nutzt: „Ich wollte mal wieder Freunde und Bekannte treffen“, lächelt er. „Ich kenne ja viele Ex-Party-People, die zu glücklichen Family-People geworden sind. Was es schwierig macht, sie zu treffen. Aber heute sind sie alle da!“ Dann eilt er weiter durch seine Dreikäsehoch-Discoparty, füllt mit einer Mitarbeiterin das Buffet auf und sucht mit Scannerblick nach Optimierungsmöglichkeiten. Sind die Eltern entspannt genug? Bräuchte es noch mehr Aufpasserinnen? Oder mehr Animateure? Tanzen die Kids?

Derweil schaut Jörg Mieser auf seine Uhr. „Schon 18 Uhr“, scheint sein Blick zu sagen. Ganz schön lange gemacht heute.

JAN DIMOG TANJUAQUIO

Kids Love Disco, Café Moskau, Karl-Marx-Allee 34, Mitte. Jeden 2. Sonntag im Monat, nächster Termin: 12. 3.