„Kein Soldat mit der Waffe zur WM“

Der SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz kann sich vorstellen, der Bundespolizei zur Fußball-Weltmeisterschaft „einige hundert“ Soldaten auszuleihen. Doch die SPD werde nicht auf Schäubles Wunsch eingehen, die Bundeswehr im Innern einzusetzen

INTERVIEW U. WINKELMANN

taz: Herr Wiefelspütz, jetzt will Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) Soldaten zu Bundespolizisten machen, damit er sie bei der Fußball-WM einsetzen kann. Wird dies der notwendige Kompromiss zwischen SPD und Union zum Bundeswehreinsatz im Innern?

Dieter Wiefelspütz: So weit sind wir noch nicht. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn die Bundeswehr zur WM die Polizei mit Hand- und Spanndiensten unterstützt – etwa Feldküchen betreibt, ihre Kasernen zum Übernachten anbietet, Sanitäter stellt. Die 2.000 Soldaten, die hierfür vorgesehen sind, fallen deshalb unter „unproblematische Amtshilfe“. Wenn Herr Schäuble nun darüber hinaus aber auch noch eine Abordnung von Soldaten verlangt, die nach dem Polizeirecht des Bundes eingesetzt werden sollen, so kann ich mir das nur in Einzelfällen vorstellen.

In wie vielen Einzelfällen denn?

Einige hundert vielleicht. Jedenfalls nicht massenhaft. Die SPD will definitiv nicht, dass Soldaten im Innern Deutschlands zu Hilfspolizisten werden. Es soll kein Soldat mit der Waffe in der Hand zum Einsatz kommen – nicht zum Objektschutz zur Weltmeisterschaft und auch danach nicht. Sollte die Union das Grundgesetz entsprechend ändern wollen, werden wir dies verhindern.

Ihre SPD-Fraktionskollegen, der Innenexperte Fritz Rudolf Körper und der Sportpolitiker Peter Danckert, klingen aber kompromissbereiter.

Das mag sein. Die Linie der SPD ist jedoch, dass wir das erklärte Ziel Schäubles, die Bundeswehr zur WM vor Stadien und vor Großbildleinwände zu stellen, ablehnen. Die ganze Konzentration auf diesen Bereich „Objektschutz“ ist absurd. Der Objektschutz ist in der Innere-Sicherheits-Debatte ein nachrangiges Problem. Bundeswehr und Polizei lassen ihre eigenen Gebäude doch auch von privaten Sicherheitsdiensten bewachen.

Will Schäuble bloß nicht schuld sein, wenn was passiert?

Das unterstelle ich nicht. Er ist Überzeugungstäter, und er hat ein anderes Konzept für die Bundeswehr als die SPD.

Dennoch wird die Koalition den Konflikt nicht eskalieren lassen können. Und Schäuble will die Bundeswehr im Innern.

Aber er wird dafür keine Mehrheiten finden, nicht mit den anderen Parteien und nicht mit der SPD. Punkt und Ende. Übrigens hat Schäuble auch in der Union noch keine große Zustimmung für seinen Plan, die Bundeswehr zum Ausbau einer Nationalgarde nach US-Vorbild heranzuziehen. Es gibt hier einen Grundsatzkonflikt: Schäuble verfolgt ein Konzept der Homeland Security – die Bundeswehr als Sicherheitsreserve auch für den Einsatz im Innern unseres Landes. Das lehnen wir ab, denn im Effekt bedeutet dies auch Militäreinsatz etwa bei Castortransporten oder anderen Großdemonstrationen. Die Polizei hat auch über 30 Jahre erst lernen müssen, wie man das in einer prinzipiell friedlichen Zivilgesellschaft macht, und sie hat dazu hohe Spezialfähigkeiten entwickeln müssen. Die Bundeswehr hat das aber noch nicht gelernt. Sie ist ein vergleichsweise stumpfes Instrument.

Ein Grund für eine Nationalgarde wäre auch, dass dafür Wehrpflichtige gebraucht würden und so wieder mehr Wehrgerechtigkeit hergestellt würde. Daran dürfte doch auch der SPD gelegen sein.

Mir scheint, wenn die SPD auf einem Parteitag zur Wehrpflicht abstimmen würde, ginge der Trend eher Richtung Berufsarmee, weg von der Wehrpflicht. Deshalb dürfte dieses Argument vor allem bei den jüngeren Sozialdemokraten nicht ziehen.