Am richtigen Platz

Vor dem Wahlkreisbüro der Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Hildegard Jürgens (SPD) im Stadtteil Billstedt spielt sich täglich dieselbe Szene ab. Regelmäßig beobachtet die 60-Jährige, wie Pfandsammler leere Flaschen aus dem Müll fischen. „Den Menschen wird ihre Würde genommen, nicht weil sie Pfand sammeln, sondern weil sie im Müll wühlen müssen“, sagt Hildegard Jürgens.

Die Abgeordnete, die seit 2011 im Landesparlament sitzt, will das ändern und plant ein neues System der Initiative „Pfand gehört daneben“ zu etablieren. Die Initiative setzt sich bereits seit zwei Jahren dafür ein, den Zugang zu weggeworfenen Pfandflaschen zu erleichtern, bisher vor allem durch Getränkekisten, die an Mülltonnen befestigt werden.

In Billstedt sollen jedoch knapp ein Meter lange Pfandrohre angebracht werden. Sie nehmen weniger Platz weg und sind wesentlich günstiger als die Kisten. Am oberen Ende des Rohres können leere Pfandflaschen eingeworfen werden. Pfandsammler können dann durch das Zurückklappen einer Halterung am unteren Ende die Flaschen einfach entnehmen.

„Billstedt ist dafür der richtige Platz. Hier leben viele Menschen, die es sich leisten können, Pfand wegzuwerfen“, sagt Hildegard Jürgens, „und ebenso viele, die auf das Sammeln von Pfandflaschen angewiesen sind.“ Damit hat sie mehr gesagt, als es auf den ersten Blick den Anschein hat: Billstedt haftet in der öffentlichen Wahrnehmung das Stigma eines Problemstadtteils an, dabei gibt es dort auch bürgerliche Einfamilienhäuser. Jürgens lebt selbst seit 35 Jahren im Billstedter Ortsteil Mümmelmannsberg, einer in die Jahre gekommenen Großwohnsiedlung. „Ich setze mich dafür ein, die Lebenssituation der Menschen in Billstedt und ähnlichen Stadtteilen zu verbessern“, sagt sie.

Zunächst will sie ein Pfandrohr im Zentrum Billstedts anbringen lassen. Bewährt es sich, will sich die gelernte Finanzbeamtin für eine Verbreitung der Pfandrohre in ganz Hamburg stark machen.  DOMINIK BRÜCK