„Dieser Zug ist nicht aufzuhalten“

Der Trend zur Konzentration und Fusion von Sparkassen ist ungebrochen, sagt Hans-Ulrich Mühlhan von Verdi

taz: Herr Mühlhan, nach den letzten Äußerung scheint der Düsseldorfer OB Joachim Erwin mit seinen Privatisierungsforderungen an die Sparkassen allein auf weiter Flur zu stehen. Sind Sie erleichtert?

Hans-Ulrich Mühlhan: Wenn die Stellungnahmen stimmen, kann man in der Tat davon ausgehen, dass die dicksten Brocken erstmal aus der Diskussion heraus sind. Aber sowohl Herr Erwin als auch die FDP haben Äußerungen gemacht, die auf eine Privatisierung schielen. Das Thema ist also noch nicht durch.

Warum sind sie so energisch gegen Privatisierungen einzelner Kassen, wenn die Kommunen zustimmen?

Es darf nicht zu Privatisierungen kommen, auch eine Holdingstruktur lehnen wir ab. Das höhlt das Regionalprinzip aus und schafft Konzern ähnliche Strukturen. Das würde den Druck auf die Arbeitnehmer unzulässig erhöhen.

Druck könnte es auch geben, wenn die Ausschüttungsregeln, etwa an die Kommunen, geändert werden, wie es dem Finanzminister und auch Teilen der SPD vorschwebt.

Das könnte sein. Es sollte nicht sein, dass aus dem Eigenkapital der Kassen das Eigentümerkapital der sie tragenden Kommunen wird. Dann möchte der Eigentümer nämlich auch eine anständige Verzinsung und das erhöht nur den Rationalisierungsdruck und somit auch den Druck auf die Arbeitsplätze.

Sehen Sie überhaupt die Notwendigkeit, das Sparkassensystem in NRW zu reformieren?

Die Sparkassen haben sich nach Brüsseler Entscheidungen und den Gesetzesänderungen der alten Landesregierung neu aufgestellt. Das hat den Kassen neue Atemluft verschafft ...

... die viele genutzt haben, um ihre Eigenständigkeit aufzugeben und zu fusionieren. Entstehen so durch die Hintertür nicht doch kleine Finanzkonzerne?

Im Rheinland sind von 60 Sparkassen 36 übrig geblieben. In Westfalen werden wir jetzt ähnliches erleben. Ich schätze in Nordrhein-Westfalen wird sich die Zahl bei 100 Sparkassen einpendeln. Dieser Zug ist nicht aufzuhalten. So lange wie die Interessen der Beschäftigten gewahrt bleiben, tragen wir das mit.

Haben Sie keine Angst, dass sich so gewonnene Synergien auf die Arbeitsplätze auswirken?

Fusionen machen Sinn, wo es wirtschaftlich nötig ist. Manche kleine Sparkasse kann eben viele neue Anforderungen nicht mehr alleine verwirklichen. Wir haben das bis jetzt vernünftig mit den Sozialpartnern vor Ort verhandelt. Wir fühlen uns da als Gesprächspartner Ernst genommen.

Wie erleben die Beschäftigten die andauernden Diskussionen um Privatisierung und Fusionen?

Die Beschäftigten hatten Angst, als die Privatisierung im Gespräch war. Von den jetzigen Verhandlungen bekommen sie recht wenig mit.

Glauben Sie, dass der Finanzminister einen Vorschlag vorlegt, der den Interessen der Beschäftigten entspricht?

Mein Eindruck ist, der Finanzminister möchte das gerne im Einklang mit den beiden Sparkassenverbänden lösen. Ihm ist nur wichtig, dass er seinen Haushalt entlastet, etwa indem er über höhere Ausschüttungen der Kassen an die Kommunen Kürzungen von Landesmitteln für die Städte begründen kann. Bis jetzt bin ich aber insgesamt recht zuversichtlich, dass wir eine einvernehmliche Lösung hinbekommen. INTERVIEW: SVEN PRANGE