„Es wäre fatal, wenn wir betteln müssten“

Joachim Metzner, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen, über Stiftungsprofessuren

taz: Herr Metzner, an der Fachhochschule Köln sind in den letzten Jahren 15 so genannte Stiftungsprofessuren entstanden. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Joachim Metzner: Insgesamt haben wir gute Erfahrungen gemacht, weil wir durch das private Engagement Berufungen vorziehen konnten und damit die Einrichtung neuer Studiengänge erleichter wurde. Das war der wesentliche Vorteil.

Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Wir haben den Studiengang Banking and Finance mit Unterstützung der Rheinischen Sparkassen in der Betriebswirtschaftslehre eingerichtet. So konnten wir fünf Professuren ausschreiben. Die Kollegen sind dann nach und nach auf frei werdende FH-Lehrstühle gerutscht.

Nach dem neuen Hochschulgesetz erhalten Sie mehr Spielraum. Was erhoffen Sie sich?

Wir mussten bislang alle Stiftungsprofessuren sofort mit Beamten auf Lebenszeit besetzen. Wir mussten also in dem Fall, dass das private Geld – geplant oder ungeplant – zu Ende geht, eine ganz normale Professur bezahlen. Der besondere Charakter, der mit der privat gestifteten Professur verbunden ist, ging damit verloren. Das war keine nachhaltige Maßnahme. Mit dem neuen Hochschulgesetz können wir diesen Mechanismus umgehen und Professorenstellen auf Zeit einrichten, die in Verabredung mit dem Geldgeber wieder verschwinden – mitsamt dem ganzen Studiengang. Das wäre wohl auch den Unternehmen ganz recht, die oft ein vorübergehendes Problem haben.

Wie sieht so ein Problem aus?

Zum Beispiel kommt es vor, dass Mitarbeiter an Karrieregrenzen stoßen – etwa ohne Hochschulabschluss nicht weiter aufrücken können – und sich das Unternehmen an uns wendet. Wir sagen dann: Tut uns leid, wir sind völlig überlaufen, es sei denn, Ihr spendet uns eine Stiftungsprofessur. Nach ein, zwei solchen Durchgängen sind die firmeninternen Probleme meist gelöst. Aber die Professur und das Studienangebot bleiben, obwohl die Studenten längst ihren Abschluss haben.

Wie viele „überflüssige“ Professuren haben Sie denn im Moment?

Diese Stiftungsprofessuren sind ja unsere eigenen Professuren geworden. Wir mussten uns deshalb am Anfang genau überlegen, ob wir die Studiengänge und Lehrstühle behalten wollten. Unser großes Problem ist aber momentan der neu eingeführte Globalhaushalt. Denn die Zuweisung wird unsere Kosten nicht decken. Zurzeit haben wir da ein Loch von etwa drei Prozent des Gesamthaushalts, mit dem wir umgehen müssen. Das werden wir nur mit Geduld und auf Kosten zügiger Berufungen stopfen können.

Häufig wird die Befürchtung geäußert, dass bei Stiftungsprofessuren die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre leiden könnte. Was sagen Sie dazu?

Ich kann sagen: Niemals hat irgendjemand, der uns für Stiftungsprofessuren Geld gegeben hat, irgendeine Form der Mitsprache bei der Berufung geltend gemacht.

Und bei den Inhalten?

Da ist die Frage, wie offen der Studiengang ist. Wir haben diese Professuren immer für Studiengänge genutzt, die auch für Andere offen waren. Da war von vornherein klar, dass das Angebot nicht nur spezielle Firmenbedürfnisse abdeckt, sondern auch von allgemeinem öffentlichen Interesse ist.

Wäre es Ihnen lieber, wenn alles Geld aus der öffentlichen Hand käme?

Ja, sicher. Das schlösse ja nicht aus, dass man Stiftungsprofessuren einrichtet, die tatsächlich ihrem Namen entsprechen. Wenn es also eine Stiftung gäbe, die aus ihrem Erlös dauerhaft eine Professur finanziert, die nicht eingebunden ist in den normalen Lehr- und Ausbildungsbetrieb, sondern tatsächlich einen Mehrwert bringt, dann könnte man mal ein echtes Highlight setzen. Im Gegensatz dazu wäre es fatal, wenn wir in den nächsten Jahren auf die verstärkte studentische Nachfrage reagieren müssten, indem wir bei der Industrie um Geld für neue Lehrstühle betteln.

INTERVIEW:
SEBASTIAN SEDLMAYR