Nur wenige gerettet

AUS KAIROKARIM EL-GAWHARY

Die Passagierfähre „Al-Salam 98“ war in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vom westsaudischen Hafen Duba zum ägyptischen Rotmeerhafen Safaga unterwegs, als sie plötzlich vom Radarschirm verschwand. Mehr als zwölf Stunden danach kam die Bestätigung: Das 35 Jahre alte Schiff war mit über 1.300 Menschen an Bord 80 Kilometer vor der ägyptischen Küste gesunken. Ägyptische Hubschrauber entdeckten am nächsten Tag erste Rettungsboote und auf der Wasseroberfläche schwimmende Leichen.

Am nächsten Tag lief eine massive Rettungsaktion sowohl von saudischer als auch ägyptischer Seite an. Am Nachmittag waren laut ägyptischem Fernsehen aber nur 100 Überlebenden aus fünf Rettungsbooten geborgen worden. Schlechte Wetterbedingungen hatten die Rettungsaktion erschwert. Oft waren Überlebende vom Flugzeug aus gesichtet worden, aber es war schwer, zu ihnen durchzukommen. Von dem gesunkenen Schiff gab es keine Spur mehr zu sehen.

Die Unglücksursache ist noch vollkommen ungeklärt. Ursprüngliche Spekulationen über einen Terroranschlag sind eher unwahrscheinlich. Bei den Passagieren soll es sich hauptsächlich um ägyptische Arbeiter gehandelt haben. Da kein zweites Schiff vermisst wurde, ist auch eine Kollision eher ausgeschlossen. Die Wetterbedingungen wurden als schwierig, aber nicht als gefährlich bezeichnet. An der saudischen Küste herrschte zur Zeit des Unglücks ein Sandsturm.

Die ägyptische Küstenwache und Armee hat vier Fregatten zur Unterstützung der Rettungsarbeiten in die Region entsandt. Ägyptische Regierungsmitglieder appellierten an die saudi-arabischen Behörden, ebenfalls Rettungsboote zu schicken. Die britische Marine schickte das Kriegsschiff „HMS Bulwark“ in die Region.

Gouverneur Bakr al-Raschidi richtete in der nahe gelegenen Hafenstadt Safaga einen Krisenstab ein und versetzte die örtlichen Krankenhäuser in Alarmbereitschaft.

Im Hafen von Safaga drängten sich Tausende von Angehörigen der vermissten Passagiere und warteten auf Neuigkeiten über deren Schicksal. Viele von ihnen waren schon nach Safaga gereist, bevor bekannt wurde, dass das Schiff gesunken ist. Sie hatten ihre Verwandten im Hafen empfangen wollen. Doch die Freude über die geplante Heimkehr der Reisenden wich bangem Warten und Entsetzen, als die ersten Meldungen der Tragödie bekannt wurden.

Die Fähren, die zwischen Saudi-Arabien und Ägypten verkehren, sind für viele ägyptische Arbeiter der billigste Weg, um zu ihren Arbeitsplätzen in den reichen Golfstaaten oder zur muslimischen Wallfahrt nach Mekka zu gelangen. Auf der Strecke hatte es mehrfach Unglücke mit Hunderten von Todesopfern gegeben.

Mit schuld daran ist oftmals der Einsatz älterer Autofähren vom Roll-on-Roll-off-Typ, die bei Experten generell als gefährlich gelten. „Die Schiffe haben eine Bug- und eine Heckklappe und dazwischen Autodecks im Stil riesiger Tiefgaragen“, erläuterte der Leiter des ADAC-Fährentests, Jens-Peter Hoffmann. „Läuft vorn Wasser herein, breitet es sich schnell im ganzen Schiff aus, die Fähren können leicht umkippen.“

Das Schiff habe allen internationalen Sicherheitsstandards entsprochen, erklärte dagegen der ägyptische Transportminister Mohammed Lutfi Mansur. Die Küstenwache unternehme alles in ihre Macht stehende, hieß es. Mit den Passagieren und 220 Fahrzeugen soll die Fähre auch nicht überladen gewesen sein. In der Vergangenheit gab es mehrere Fährunglücke im Roten Meer, weil die Boote überladen waren. Das Schwesterschiff der „Al-Salam 98“ war im vergangenen Oktober im Suezkanal mit einem Frachter kollidiert. Dabei waren zwei Menschen in der anschließenden Panik zu Tode getrampelt worden, 40 weitere wurden damals verletzt. (Mit dpa, AFP)