HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Reinemachen auf der Toilette

Seit ich das gut geführte Toilettenhaus in Planten un Blomen kenne, bin ich diesbezüglich verwöhnt

Seit ich einmal das gut geführte freistehende Toilettenhaus in Planten un Blomen erlebt habe – samt fröhlichen Fensteraufklebern in den luftig gekippten Fenstern und der Pächterin, die nach jeder Besucherin den Sitz abwischt –, bin ich verwöhnt. Nebenbei löst die Pächterin übrigens auch noch Sudoku-Aufgaben!

All das geht mir durch den Kopf, als ich die Toilette im Alsterhaus suche. Mit einem „Das hätt’ ich mir ja denken können, dass die ihre Klos outsourcen“ im Kopf erblicke ich die Toilettendame auf dem Flur. Feindselig starre ich die Frau an, die hinter dem Teller mit den Münzen sitzt; statt die Sitze zu wischen, befasst sie sich lieber mit Geld: Blitzschnell nimmt sie die kleinen Münzen weg und lässt nur den erwünschten Fuffziger drauf liegen.

In der Toilette riecht es trotzdem parfümiert: nach den gediegenen Alsterhaus-Kundinnen. Zwei Minuten später sehe ich die silberrosa Lichtquelle am Waschbecken neben mir. Eine ältere, anscheinend betuchte Dame in beigefarbenem Hosenanzug wäscht sich die Hände und wischt danach mit grauem Papier die Spritzer weg. „Das mache ich nicht!“ murmele ich und denke an mein Toilettenhaus in Planten un Blomen. Die Dame ist 40 Jahre älter als ich, aber ich bleibe stur. Aber da wischt sie auch schon mein Becken.

„Da hat jemand aber Schweinkram gemacht“, ruft sie dann ihrer Freundin im altrosa Jackett mit Zipfelbordüre zu. Die Freundin hat das Geld schon passend zur Hand. Jetzt kramt auch ihre Kumpanin im Portemonnaie. Alles ist nun sauber und so gut wie bezahlt. Ich hab nur zwei Zwanziger, die – kaum, dass ich sie draufgelegt habe – rasch vom Teller verschwinden.

Rebecca Clare Sanger liest – zusammen mit Betty Kolodzy – aus ihrem Buch „Hamburg Walking“, das etliche ihrer Hamburger Szenen aus der taz versammelt: 19.30 Uhr, Buchladen Zwei Eins Drei, Große Bergstraße 213