Ende eine Rutschpartie

WINTERGATE Weil er die Straße, in der er wohnt, bevorzugt vom Eis befreien ließ, trat der Hamburger Bürgerschaftspräsident Bernd Röder (CDU) am Samstag zurück. Alle Parteien begrüßen den Rückzug

Bevor die SPD das Thema in die Bürgerschaft bringen konnte, zog Röder die Reißleine

Am Ende erntete Bernd Röder (CDU) noch einmal interfraktionellen Applaus – für seinen Rücktritt. Zwölf Tage lang hatte der ins Rutschen gekommene Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft versucht, die Balance wiederzugewinnen. Samstag dann gab er auf und ging. Röder hatte sich aufs politische Glatteis begeben, als er Anfang Februar seine politische Stellung nutzte, um die Straße, in der er wohnt, bevorzugt vom Eis befreien zu lassen.

Während sich fast alle Hamburger Nebenstraßen in Schittschuhbahnen verwandelt hatten, wurde die Frustbergstraße geräumt, nachdem Röder mit einem Bezirksamtsleiter, dem Hamburger Innenstaatsrat Stefan Schulz und mit Umweltstaatsrat Christian Maaß (GAL) telefoniert hatte. Nach Ansicht von Röders Kritikern wäre ein Einsatz des Winterdienstes jedoch an anderen Orten weitaus wichtiger gewesen.

Röder hatte seinen Fehler vergangenen Dienstag zwar eingestanden, einen Rücktritt aber zunächst ausgeschlossen – schließlich habe er „keine silbernen Löffel geklaut“. Während der Attacken der Opposition gegen diesen „Amtsmissbrauch“ hatte der 62-Jährige schnell den Rückhalt seiner eigenen Fraktion verloren. Als er seine Verfehlungen öffentlich beichtete und berichtete, seine Parteifreunde hätten ihn von einem Rücktritt abgehalten, kommentierte ein einflussreicher CDU-Bürgerschaftsabgeordneter aus Wandsbek hinter vorgehaltener Hand: „Wer bitte soll denn das gewesen sein?“

Als bekannt wurde, dass die Opposition Röders Fehlverhalten am heutigen Montag zum Thema im Ältestenrat der Bürgerschaft und am Mittwoch im Bürgerschafts-Plenum machen würde, zog Röder die Reißleine. Seine Begründung: Er wolle die Debatte beenden, um Schaden vom Parlament abzuwenden.

Während SPD-Fraktionschef Michael Neumann den Schritt als „überfällig“ bezeichnete, betonte sein CDU-Pendant Frank Schira, der Röder schon frühzeitig zum Rücktritt gedrängt hatte: „Wir sind alle sehr traurig, dass die aktuelle Entwicklung diesen Schritt notwendig macht.“ CDU-Landeschef Michael Freytag lobte, Röder habe das Ansehen des Parlaments höher bewertet als das Festhalten an seinem Amt. Den Rücktritt bezeichnete GAL-Fraktionschef Jens Kerstan als konsequent, weil die Affäre das Vertrauen in Amt und Parlament zu erschüttern drohte. Norbert Hackbusch (Die Linke) betonte, trotz des Rücktritts müsse die Affäre umfassend aufgeklärt werden. MARCO CARINI