Aus dem Innenleben eines Ausschusses

LANDESRUNDFUNKAUSSCHUSS Das ehrenamtliche Kontrollorgan der Bremer Landesmedienanstalt entscheidet ebenso über die Vergabe begehrter Frequenzen wie die Dezentralisierung des Bürgerrundfunks

Der Landesrundfunkausschuss ist das Aufsichtsorgan der Landesmedienanstalt („Brema“). Zu deren Aufgaben zählt die Zuteilung von Übertragungskapazitäten und Programm-Kontrolle – etwa in Bezug auf Jugendschutz und Werbe-Richtlinien.

■ Ebenso ist die Anstalt für die Einrichtung und Durchführung des Bürgerrundfunks – früher Offener Kanal – verantwortlich.

■ Im Fernsehbereich hat die Brema derzeit Sendelizenzen vergeben für center.tv, volksmusik.tv, „17.30 live“ von Sat.1 und den „Guten Abend“ von RTL Nord.

Neun Bewerber konkurrieren um die Bremer UKW-Frequenz 97,2 Megahertz. Wer zum Zug kommt, entscheidet der Landesrundfunkausschuss (LRA). Gestern kam er zu einer seiner neuerdings öffentlichen Sitzungen zusammen. Bevor die 26 Ausschuss-Mitglieder, die jeweils zur Hälfte von Bürgerschaft und gesellschaftlichen Organisationen entsandt werden, Anfang März die begehrte Frequenz vergeben, müssen sie sich einem Verschwägerungs-Check unterziehen: Mit Hilfe umfangreicher Fragebögen ist nachweisen, dass man mit keinem der potentiellen Betreiber verwandt oder sonst wie verbandelt ist.

Im Rennen sind so unterschiedliche Anbieter wie das Berliner „Jazz Radio“, „sunshine live“ aus Mannheim und „Radyo Metropol FM“, das sich als erstes türkischsprachiges Radio in Deutschland bezeichnet. Der auf den ersten Blick „bremischste“ Kandidat ist das „Project reloaded“ der Bremer AWE-Marketing GmbH – hinter der wiederum das „Hit-Radio Antenne“ steht.

Die Frequenzvergabe gehört zu den „hoheitlichsten“ Aufgaben des LRA. Seine Mitglieder müssen sich allerdings auch in mediale Niederungen begeben: Sich also Sendungen wie „Ultimate Fighting“ anschauen, ein nicht immer unblutiges Kampfsport-Casting, das eventuell indiziert werden soll. Und sie bestimmen die Geschicke ihres „eigenen“ Senders, des Bürgerfunks: Gestern genehmigte der Ausschuss die Kooperationsverträge mit der Kulturwerkstatt Westend, dem Kulturladen Huchting und dem Gröpelinger Helene Kaisen-Haus. Sie sollen den Verlust der Ende 2009 aufgegebenen Bürgerfunk-Studios ersetzen. Eine Zusammenarbeit mit Universität und Musikschule ist in der Schwebe, die mit der Schwankhalle angestrebte Kooperation kommt nicht zu Stande. „Es liegt nicht an uns“, betont der grüne Ausschuss-Vorsitzende Felix Holefleisch: „Es ist etwas schwierig mit diesem Partner.“ Der wiederum ist anderer Ansicht: „Wir wollten ein gemeinsames Konzept erarbeiten“, sagt Carsten Werner von der Schwankhalle. Der Bürgerfunk hingegen sei letztlich nur an der kostenlosen Überlassung eines Raumes interessiert gewesen.

Und warum, „by the way“, fällt seit Januar die Übertragung der Parlamentsdebatten aus, die der Bremer Bürgerfunk – in Gegensatz zum niedersächsischen – traditionell live ausstrahlt? Daran sei allein der Frost Schuld, sagt Cornelia Holsten, die neue Direktorin der Landesmedienanstalt (LMA). Der habe die Neuverlegung eines Kabels verhindert.

Bei ihrem ersten eigenen Haushalt, der etwas unter den 1,8 Millionen Euro ihres Vorgängers liegt, hat Holsten Schwierigkeiten aus einer anderen Richtung: Die Senatskanzlei will ihn nur mit Auflage genehmigen. Es gehe dabei um Probleme der Übertragbarkeit und gegenseitigen Deckungsfähigkeit einzelner Haushaltsposten, erläutert Senatssprecher Hermann Kleen auf Nachfrage. Im Ausschuss stößt der Auflagenvorbehalt allerdings auf Unverständnis: „Je transparenter unser Haushalt ist, desto eher wird er mit Auflagen versehen“, erbost sich beispielsweise Dirk Schwampe, der den CVJM vertritt. Sogar der Landesrechnungshof – der frühere LMA-Etats bemängelt hatte – habe erklärt, der Entwurf für 2010 sei transparenter als der Landeshaushalt. Einige Ausschuss-Mitglieder interpretieren die Auflage daher als „übergriffig“: als Versuch der Einflussnahme durch die Senatskanzlei, der die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit und Staatsferne der Anstalt entgegenstehe. Kleen hingegen betont: „Wir kommen nur unserer ordnungsgemäßen Prüfungspflicht nach.“ Henning Bleyl