portrait
: Zu ruhelos für den Ruhestand

Nobelpreisträger Theodor Hänsch weiß seine Berühmtheit zu nutzen: Gezielt drohte er in einem Interview, dass er in die USA auswandern würde, falls die Universität München seinen Vertrag nicht verlängert. „Ich könnte mir gut vorstellen, noch 10 Jahre aktiv zu sein.“ Dieser Wunsch zeugt von Arbeitseifer, denn der 64-jährige Quantenphysiker nähert sich der Pensionsgrenze.

So viel Agilität ist jedoch im deutschen Recht nicht vorgesehen: Das Beamtengesetz schickt Professoren mit 65 Jahren in den Ruhestand. Nur geschätzte Hochschullehrer dürfen noch maximal drei Jahre länger bleiben. Doch mit 68 Jahren ist definitiv Schluss. Dieser „dummen Altersgrenze“ wollte sich Hänsch nicht beugen – und drohte mit den USA, wo auch 80-Jährige lehren dürfen. Er habe bereits „ein gutes Dutzend Angebote“ erhalten.

Nichts hätte die bayerische CSU-Regierung mehr alarmieren können, denn sie hat sich nur zu gern mit Hänsch geschmückt, als ihm im vorigen Herbst der Physik-Nobelpreis verliehen wurde. Er sei „eine Ehre für den Forschungsstandort Bayern“, freute sich damals CSU-Chef Stoiber.

Besonders ärgerlich für die Bayern: Hänschs Exildrohung ist ernst zu nehmen. Schließlich hat der Physiker bereits von 1970 bis 1986 an der Standford-Universität gelehrt. Auch jetzt hat er noch beste Kontakte nach Kalifornien. Apple-Chef Steve Jobs studierte bei ihm. Und als im vorigen Oktober die Nobelpreise bekannt gegeben wurden, hatte Hänsch kaum Zeit, sich zu freuen: Der kinderlose Junggeselle war auf dem Weg nach Berkeley, um den 90. Geburtstag des Lasererfinders Charles Townes zu feiern.

Auch Hänsch selbst hat sich lebenslang mit Lasern befasst. Mit dem Nobelpreis wurde er geehrt, weil er den „Frequenzkamm“ erfunden hat, der Laserlicht absolut genau messen kann. Diese optischen Atomuhren sind 1.000-mal präziser als die bisherigen Messinstrumente und werden unter anderem für die satellitengestützte Navigation benutzt. Aus seiner Erfindung machte Hänsch auch ein Geschäft: Er gründete das Start-up-Unternehmen Menlo Systems GmbH, das 12 Mitarbeiter beschäftigt. Ein weiterer Produktingenieur wird gerade gesucht. Die blauen, kleinen Frequenzkämme sind auch im Internet zu besichtigen (www.menlosystems.com). Für Laien sehen die vier Modelle wie gewöhnliche Videorekorder aus, sind aber erst ab 170.000 Euro zu haben.

So eine erfolgreiche Ich-AG wollen die Bayern nicht in die USA ziehen lassen. CSU-Wissenschaftsminister Thomas Goppel sicherte gestern eine „flexible Lösung“ zu. Hänsch bedankte sich artig: „Ich bin insgesamt sehr glücklich.“

ULRIKE HERRMANN