Mittelschichts-Eltern leicht entlastet

Einigung zur Familienförderung: Zwei Drittel der Betreuungskosten werden steuerlich absetzbar. Auch Alleinverdiener-Eltern können ihre Steuerschuld mindern. Doch eine große Zahl ärmerer Familien ist von dieser Förderung ausgeschlossen

Von HEIDE OESTREICH

Eltern, die Steuern zahlen, können sich über eine leichte Entlastung freuen: Sie sollen künftig zwei Drittel der Kosten für die Betreuung ihrer Kinder von der Steuer absetzen können. Diese Regelung gilt nicht nur für Doppel- sondern in etwas abgewandelter Form auch für Alleinverdiener.

Wer also für die Kita im Jahr etwa 2.000 Euro zahlt, kann sein zu versteuerndes Einkommen um 1.333 Euro reduzieren. Eine Familie mit einem Einkommen von 30.000 Euro im Jahr würde damit 332 Euro Steuern sparen. Die Kosten können aber nur bis zu einer Summe von 4.000 Euro geltend gemacht werden. Ehepaare, bei denen nur ein Elternteil berufstätig ist, können lediglich bis zu 2.400 Euro jährlich absetzen. Damit hat die Koalition nach eigener Aussage erreicht, dass der vorgegebene Kostenrahmen von 460 Millionen Euro nicht gesprengt wird.

In einer rund sechsstündigen Spitzenrunde haben der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder, sein SPD-Kollege Peter Struck sowie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer mit den Familienpolitikern der Koalition und Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen am gestrigen Nachmittag um die Einigung gerungen. „Wir erreichen jetzt alle Familien“, freute sich Kauder anschließend vor der Presse. Und auch SPD-Fraktionschef Peter Struck sprach von einem „guten Tag für alle Familien in Deutschland“. Diese Aussagen dürften allerdings einem guten Drittel aller Familien in Deutschland als grobe Unwahrheit erscheinen: Sie zahlen wegen ihres geringen zu versteuernden Einkommens nichts an den Fiskus und profitieren damit auch nicht von der Förderung.

Die Union hatte zuvor stets einen Sockelbetrag von 1.000 Euro vorgesehen, den die Eltern ohne staatliche Hilfe hätten aufbringen müssen. Die SPD hatte diesen ursprünglichen Regierungsplan auf einem Parteitag verworfen und die Betreuungskosten vom ersten Euro an absetzbar machen wollen, damit Familien mit geringem Einkommen und geringen Betreuungskosten stärker profitieren. Nun kann die oben genannte Familie etwas mehr absetzen und spart statt 248 Euro mit dem ursprünglichen Modell nun 332 Euro.

Je geringer aber das Einkommen ist, desto geringer auch der Vorteil: Zahlt eine Familie mit einem Einkommen von 20.000 Euro etwa 600 Euro für die Kinderbetreuung, dann spart sie in Zukunft nur 76 Euro pro Jahr.

Da gerade gering verdienende Familien von dieser Förderung ausgeschlossen sind, haben Familienverbände und Opposition ebenso wie Familienexperten im Vorfeld heftige Kritik an dieser Art der Familienförderung geübt.

„Eigentlich müsste man über Instrumente wie zum Beispiel ‚Kita-Gutscheine‘ nachdenken, von denen alle profitieren – und nicht mit der Gießkanne Geld an die Mittel- und Oberschicht verteilen“, sagte die Kinderbetreuungsexpertin des Deutschen Instituts für Wirschaftsforschung, Katharina Spieß, der taz. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hatte erklärt: „Die Koalitionäre sollten das Geld lieber nehmen und in den Ausbau der Kinderbetreuung stecken.“