Rente: CDU überlässt Münte die Drecksarbeit

Unionsfraktionschef Kauder sieht „keinen Grund“, die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre vorzuziehen. Noch nicht

BERLIN taz ■ Verkehrte Welt in Berlin: Der sozialdemokratische Sozialminister Franz Müntefering will Millionen Arbeitnehmern zumuten, erst mit 67 in Rente gehen zu dürfen – und wird bei diesem Unterfangen ausgerechnet von der CDU gestoppt. Diesen Eindruck jedenfalls erweckte gestern Unions-Fraktionschef Volker Kauder.

Er sehe „überhaupt keinen Grund“, warum an den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag etwas geändert werden solle, sagte Kauder dem Reutlinger General-Anzeiger. Müntefering hatte vorgeschlagen, die ab 2012 geplante schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 schon deutlich zügiger vorzunehmen.

Es spricht jedoch einiges dafür, dass Kauders Widerstand nur gespielt ist. Seine Ablehnung des Müntefering-Vorschlags begründete er nur formal – mit dem Hinweis auf den Koalitionsvertrag –, nicht inhaltlich.

Der Union ist es sehr recht, dass es der SPD-Minister und Vizekanzler übernimmt, die Arbeitnehmer auf eine Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit (beziehungsweise auf eine faktische Rentenkürzung) vorzubereiten – und den Protest des linken SPD-Flügels abzuwehren. Die Werbung für einen unpopulären Vorschlag überlässt man Müntefering gern. Akuter Handlungsdruck besteht nicht – für einen Schwenk in Münteferings Richtung hat die Union noch Zeit.

So war aus Unionskreisen zu hören, die Äußerungen des Fraktionschefs seien nicht als kategorisches Nein zu verstehen. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte bereits, er sei „für alles, was die Beiträge niedrig hält und Arbeit schafft“. LKW

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