Kongo? Nein danke!

VON DOMINIC JOHNSON

Die Bundeswehr wird sich weder mit einer „Battle Group“ der EU noch mit der deutsch-französischen Brigade an einer EU-Militärintervention in der Demokratischen Republik Kongo beteiligen. Dies bestätigten die zuständigen Sprecher im Bundesverteidigungsministerium sowie bei der deutsch-französischen Brigade gestern der taz. Auch Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CSU) schloss in einem AP-Interview die Entsendung einer EU-„Battle Group“ aus. Damit stellt sich Deutschland gegen die Vorstellungen der UNO, die UN-Untergeneralsekretär Jean-Marie Guéhenno gestern in Brüssel mit der EU-Spitze besprach.

Guéhenno sagte, er hoffe auf einen schnellen Einsatz im Kongo: Im Zusammenhang mit den Wahlen könne es „humanitäre Konsequenzen“ geben, die politische Folgen haben könnten. Dies zu verhindern sei von größter Bedeutung. Die UN-Mission im Kongo (Monuc) hat die EU deswegen um die Entsendung einer EU-Kampfgruppe (Battle Group) in die Region gebeten. Die Battle Groups sind als weltweit kurzfristig einsetzbare EU-Eingreiftruppen gedacht. Bisher gibt es allerdings nur eine – bestehend aus 1.500 deutschen Fallschirmjägern in Regensburg sowie 4 Franzosen. Den Einsatz dieser Truppe will das Bundesverteidigungsministerium nicht, weil dann „die Last der Verantwortung allein auf Deutschland“ liegen würde, wie ein Sprecher sagte: „Wenn, wollen wir eine europäische Truppe, die auf europäischen Schultern liegt.“ Außerdem verfüge die Battle Group derzeit nur über eine Einsatzkapazität von 7 Tagen und sei nur für Evakuierungen ausgebildet.

Die sich als Alternative anbietende deutsch-französische Brigade, die ebenfalls für einen Einsatz im Kongo ins Gespräch gekommen ist, kann auch nicht als EU-Truppe eingesetzt werden. Sie werde erst 2008 zum Kern einer Battle Group der EU, erklärt ihr Sprecher. Schon im zweiten Halbjahr 2006 stehe sie allerdings als Kern der Landstreitkräfte der globalen Nato-Eingreifkapazität „Nato Response Force“ zur Verfügung. Diese könne „auch in Afrika“ zum Einsatz kommen.

Eine Kongo-Anfrage an die Nato liegt derzeit aber nicht vor und ist auch so gut wie ausgeschlossen. Aus französischen UN-Kreisen ist zu hören, dass die Bemühungen um ein EU-Eingreifen im Kongo vor allem zum Hintergrund haben, eine Alternative zur Nato zu finden. Bei einem Nato-Einsatz im Kongo hätten nämlich die USA mitzureden; bei einem EU-Einsatz nicht. Frankreich sieht sich im Kongo und im Afrika der Großen Seen allgemein als diplomatischer Hauptrivale der USA.

Was für deutsche Soldaten sonst in Richtung Kongo aufbrechen sollen, wenn weder die EU-Battle-Group noch die deutsch-französische Brigade zur Verfügung steht, wird erst geklärt werden können, wenn die EU-Erkundungsmission zurück ist, die dieses Wochenende in den Kongo reist. Sie wird geführt von dem deutschen General Heinrich Brauß, Leiter der zivilmilitärischen Stelle beim EU-Militärstab und ehemaliger Generalstabschef der Bosnien-Friedenstruppe SFOR. Die EU-Delegation soll mit der UN-Mission (Monuc) in Kinshasa eine Woche lang über Sinn, Struktur, Kommando, Mandat und Einsatzzeit und -raum einer EU-Truppe diskutieren. Geklärt werden soll auch, gegen wen sich ein EU-Einsatz konkret richten solle und was die Nachbarstaaten des Kongo dazu sagen, heißt es in Bundesverteidigungsministerium.

Wie das Ministerium der taz weiter bestätigt hat, macht Deutschland hierbei eine „politische Zustimmung der kongolesischen Regierung“ zur Bedingung für einen Einsatz. Auch dies widerspricht den zuvor geäußerten Vorstellungen der UN-Mission im Kongo. Weil sich ein EU-Einsatz eventuell auch gegen Regierungsmitglieder richten müsse, wolle man EU-Truppen nur dort in Bereitschaft halten, wo eine Zustimmung aus Kinshasa nicht erforderlich sei.