„Eine große Schieflage“

JAHRESWECHSEL Studierende der Musikhochschule feiern das chinesische Neujahr mit einem Crossover

■ ist Germanistin, Musikwissenschaftlerin und Geschäftsführerin des Bremer „China-Dialogs“

taz: Heute beginnt für Sie und die anderen 2.500 Bremer ChinesInnen das Jahr des Tigers. Ist das viel versprechender als das nun beendete Rinder-Jahr?

Yamei Leng: Der Tiger hat sehr viel Dynamik, er passt gut zur Krisensituation. Weniger beliebt und bewegt sind bei uns zum Beispiel die Jahre der Ratte oder der Ziege. Aber wir sprechen übrigens nicht vom Jahr des „Rindes“, sondern des „Büffels“.

Pardon. Sie feiern in der „Glocke“, wo chinesische Musik sowohl auf chinesischen als auch auf europäischen Instrumenten gespielt wird. Wie kommt es, dass an der hiesigen Hochschule für Künste so viele ChinesInnen studieren?

Seit etwa zehn Jahren ist es leichter, ein Visum zum Studieren zu bekommen. Europäische Musik ist in China sehr viel bekannter als hierzulande die chinesische Musik. Ich sehe da eine große Schieflage: In China kennt sogar ein Bauer Beethoven, jedes fünfte Kind in den Städten lernt ein europäisches Instrument. Umgekehrt kennt hier kaum jemand ein chinesisches Instrument oder gar einen Komponisten.

Wird nicht auch in China selbst die eigene Kultur in den Hintergrund gedrängt?

Diese Tendenz gibt es. Aber die 12 Studierenden, die das Konzert heute Abend in der „Glocke“ auf die Beine gestellt haben, empfinden eine große Leidenschaft für beides. Eine Frau, die sich in Bremen zur klassischen Pianistin ausbildet, spielt mit dem gleichen Engagement Erhu. Auf deutsch heißt Erhu „zwei Haare“ – das ist also eine zweiseitige chinesische Kniegeige. Andere Studierende haben chinesische Stücke extra für heute Abend für europäische Instrumente umkomponiert. Interview: HB

Konzert: Samstag, 20 Uhr im kleinen Saal der „Glocke“