Boykott des Muslim-Tests

Heidelberg will den umstrittenen Gesprächsleitfaden zur Einbürgerung nicht einsetzen

BERLIN taz ■ Zwischen der Stadt Heidelberg und dem Innenministerium in Baden-Württemberg gibt es heftigen Streit um den Muslim-Test. Heidelbergs Oberbürgermeisterin Beate Weber hat angekündigt, den Gesprächsleitfaden in ihren Einbürgerungsbehörden nicht anzuwenden. Die SPD-Politikerin begründet dies mit verfassungsrechtlichen Bedenken. Innenminister Heribert Rech (CDU) will das nicht gelten lassen. Heidelberg habe sich an die Vorgaben aus Stuttgart zu halten, heißt es in seinem Ministerium.

Seit Anfang des Jahres müssen sich Einwanderer, die sich in Baden-Württemberg einbürgern lassen wollen und bei denen Zweifel an ihrem Bekenntnis zum Grundgesetz besteht, einem Gesinnungstest unterziehen. Er wurde speziell für Muslime erarbeitet, denn ihnen gegenüber hegt man im Ministerium besondere Zweifel. Es hat deshalb einen Leitfaden mit insgesamt 30 Fragen erarbeitet, an dem sich die Einbürgerungsbehörden orientieren sollen.

Heidelbergs Oberbürgermeisterin hat Rech ihre Entscheidung in einem Brief mitgeteilt. Ihre Begründung: Die Vorgabe des Ministeriums, wonach bei Muslimen grundsätzlich Zweifel an deren Verfassungstreue bestehen, verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Zudem sei ihr unklar, „wie der Gesprächsleitfaden zu einer Identifizierung von verfassungsfeindlichen Kandidaten führen soll“. Bestimmte Bereiche, wie die Einstellung zur Homosexualität, müssten außerdem für die staatliche Überprüfung unzugänglich bleiben.

Weber schlägt vor, die weitere Vorgehensweise in einem Gespräch mit Vertretern der kommunalen Verwaltungsspitzen und dem baden-württembergischen Innenminister abzustimmen. Eine Antwort aus Stuttgart hat sie noch nicht.

Im Innenministerium heißt es, ein Antwortschreiben würde umgehend auf den Weg gebracht. Klar sei schon jetzt, dass man ein Ausscheren Heidelbergs nicht dulden werde. „Landesrecht fällt nicht in die Kompetenz der Stadt“, sagte gestern ein Sprecher des Ministeriums. Man gehe aber davon aus, dass strittige Fragen ausgeräumt werden könnten. Über mögliche Sanktionen gegen Heidelberg wollte sich das Ministerium gestern nicht äußern.

Die Universitätsstadt ist bislang die einzige, die sich offensiv gegen die Anweisung aus dem Innenministerium stellt. Die meisten Städte und Kreise halten sich daran, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Sie wollen aber nicht alle Fragen abarbeiten, sondern im Zweifelsfall auf einzelne zurückgreifen. SABINE AM ORDE