„Die Drogenberatung ist akut gefährdet“

Die geplanten Kürzungen schaden der Drogentherapie, sagt Jörn Foegen, Leiter der Justizvollzugsanstalt Köln

taz: Herr Foegen, Drogen im Gefängnis – ist das bei Ihnen in der Justizvollzugsanstalt Köln ein Problem?

Jörn Foegen: Ja, aber nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Bundesrepublik. Wir haben erstens Probleme mit Drogen im Gefängnis. Da müssen wir sehen, wie wir zum Beispiel die Versorgungswege unterbrechen. Und wir haben zweitens das viel größere Problem von Drogenabhängigen in der Anstalt. Deswegen müssen wir uns überlegen, wie wir diesen Menschen helfen können.

Welche Hilfsangebote können Sie zur Zeit machen?

Wir haben fünf Suchtberater, die über freie Träger zu uns kommen. Das Land bezuschusst das. Wenn jetzt diese Mittel gekürzt werden, hoffen wir, als größte Anstalt im Lande wenigstens eine Stelle zu behalten.

Dann würden Sie dennoch vier Stellen verlieren. Welche Konsequenzen hätte das für die JVA Köln?

Von unseren 1.100 Gefangenen sind etwa 500 bis 600 drogenabhängig. Etwa 160 bis 170 davon sind im letzten Jahr von den Drogenberatern in Therapien vermittelt worden. Fallen vier Stellen weg, würden logischerweise nur noch gut dreißig vermittelt. Die verbleibenden Gefangenen müssten außerdem erheblich länger auf Beratung warten. Die Wartezeiten sind heute schon zu lang. De facto würde durch Einsparungen der Paragraf 35 des Betäubungsmittelgesetzes unterlaufen, der den sinnvollen Grundsatz „Therapie statt Strafe“ postuliert.

Die Landesregierung sagt, dass die Drogenberatung trotz der Kürzungen nicht gefährdet sei.

Falsch. Die Drogenberatung ist akut gefährdet durch die Kürzungspläne. Richtig ist, dass unser Justizministerium bemüht ist, durch Umschichtungen oder im Verbund mit anderen Ministerien die Kürzungen etwas abzufedern. Aber es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gekürzt.

Was würde das für die Resozialisierung der Gefangenen bedeuten?

Ohne Beratung landen drogenabhängige Gefangene nach ihrer Entlassung sofort wieder auf der Straße, also in der Drogenszene. Man muss folgendes sehen: Früher haben wir Gefangene auf ein Leben in Freiheit mit Wohnung und Arbeitsplatz vorbereitet. Heute entlassen wir sie in Arbeitslosigkeit, womöglich sogar in Obdachlosigkeit. Die Rahmenbedingungen „draußen“ sind nun mal alles andere als günstig und für unsere Klientel – strafrechtlich in Erscheinung getreten und womöglich drogenabhängig – um so problematischer.

Also sollte sich die Landesregierung ihre Kürzungen besser noch mal überlegen?

Ja, und die Landtagsabgeordenten, die den Haushalt ja verabschieden müssen. Gesamtwirtschaftlich kommen Einsparungen bei der Drogenhilfe auf jeden Fall erheblich teurer als die insgesamt gesehen geringe Bezuschussung der Träger der Drogenarbeit.

Gehören Drogenabhängige überhaupt in ein Gefängnis?

Die Frage ist, wo Drogenabhängigkeit anfängt. Wenn man Drogenabhängige als Kranke ansieht, was ein vernünftiger Ansatz ist, dann gehören sie in eine stationäre Drogeneinrichtung und nicht in ein Gefängnis. Ich sage immer: Ich bin Leiter einer Justizvollzugsanstalt und nicht Klinikdirektor.

INTERVIEW: DIRK ECKERT