Doch ein Dach

OBDACH Afrikanische Flüchtlinge demonstrieren zum dritten Mal für eine Unterkunft. Nun lenkt der Senat ein: Mit der Nordkirche suche man nach einer Lösung für die Männer

VON JANINA KRUPOP

Die 300 Libyenflüchtlinge, die seit einigen Wochen auf Hamburgs Straßen leben, könnten bald eine Unterkunft erhalten. Die Sozialbehörde befindet sich in konkreten Verhandlungen mit der evangelischen Nordkirche, um Räume für die Obdachlosen zu finden. An diesen sind die Flüchtlinge jedoch nicht selbst beteiligt. Sie forderten am Montagmittag daher mit einer Protestaktion ein Gespräch mit dem Senat ein.

„Libyen war unsere Heimat. Nato hat unsere Heimat zerstört. Wir sind hier, wir bleiben hier“ steht auf einem der Plakate, das ein Flüchtling auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz in die Höhe hält. Etwa 60 Flüchtlinge sind gestern zusammen gekommen, um gemeinsam zum Rathausmarkt zu marschieren. Sie haben keine Unterkunft, keine Arbeitserlaubnis, keinen Anspruch auf Sozialleistungen und fühlen sich vernachlässigt. „Das ist keine Demokratie“, ruft einer von ihnen.

Mit Plastikstühlen, die sie als Trommeln benutzten, marschierte die Gruppe vom Steintorwall zum Rathausmarkt. Als Versammlung angemeldet war die Aktion nicht. Daher wurden sie von Polizisten wieder zurückgeschickt, noch bevor sie das Rathaus erreichten. Ralf Lourenco von der Flüchtlingsorganisation Karawane kritisiert diese Blockade als „unsinnig“. Schließlich forderten die Männer eine sofortige Unterbringung.

Zehn Minuten Gespräch

Dennoch fügten sich die Flüchtlinge und gingen zurück zum Gerhart-Hauptmann-Platz. Später am Nachmittag war Senatssprecher Christoph Holstein bereit, zwei Delegierte der Gruppe zu empfangen. In einem zehnminütigen Gespräch durften diese ihm ihre Lage vortragen. Holstein versicherte, dass die Stadt alles tue, um eine „humanitäre Lösung“ zu finden. Wie diese aussehen soll, sagte er allerdings nicht. Affo Tchassei, ein Sprecher der Gruppe, ist dennoch zufrieden: „Man ist bereit, uns zu helfen. Das geht eben nicht sofort.“

Die Männer waren 2011 vor dem libyschen Bürgerkrieg nach Italien geflohen. Dort kamen sie zunächst in italienischen Flüchtlingscamps unter. Als diese geschlossen wurden, verließen viele das Land Richtung Deutschland oder Frankreich. „In Italien gibt es keine Arbeit. Ich dachte, hier finde ich welche“, sagt Abdoulaye, 25.

Bisher hatte die Sozialbehörde den Flüchtlingen bloß eine Rückfahrkarte nach Italien angeboten. Mittlerweile hat sie eingelenkt. „Wir suchen händeringend nach einer Lösung“, sagt der Sprecher der Sozialbehörde, Olaf Dittmann. In Verhandlungen mit der Nordkirche wolle die Behörde nun versuchen, Räume und Flächen zu finden, damit die Männer zumindest ein Dach über dem Kopf erhalten.

Räume soll die Stadt stellen

„Wir unterstützen das gerne“, sagt Mathias Benckert von der Nordkirche, „aber wir können keine Räume zur Verfügung stellen. Das muss der Senat tun.“ Ein Netzwerk aus Diakonie und Nordkirche bietet den Flüchtlingen bereits jetzt ärztliche Versorgung und Essen.

Diallo Samba, 27, ist einer von ihnen. Auch er schläft seit Wochen mal auf einer Bank, mal auf der Reeperbahn. Nach Italien will er nicht zurück. Denn hier müsse er zumindest nicht hungern: „Essen ist wirklich kein Problem in Deutschland. Davon gibt es genug.“

Mit der Lage der afrikanischen Flüchtlinge beschäftigt sich die Bürgerschaft am Mittwoch – auf Antrag der Linken und Grünen.