„Wowereit enttäuscht uns sehr“

Ein schwul-lesbisches Stadtmagazin ruft zur Übernahme einer Patenschaft für die von Abschiebung bedrohten kamerunischen Geschwister Junior und Yanga auf

taz: Herr Wicht, die Siegessäule hat für die kamerunischen Geschwister Junior und Yanga eine Bleibekampagne gestartet. Wie ist der Stand?

Holger Wicht: Stand ist nach wie vor, dass Junior und Yanga abgeschoben werden sollen. Die Siegessäule protestiert dagegen mit einem offenen Brief an Innensenator Ehrhart Körting. Unseren Aufruf haben schon über hundert Menschen und Organisationen unterschrieben. Dazu zählen bekannte Personen wie Thomas Hermanns vom Quatsch Comedy Club, AnNa R. und Peter Plate von Rosenstolz, einer der erfolgreichsten Bands Deutschlands, und Professor Volkmar Siegusch, der Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft in Frankfurt.

Hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit schon reagiert?

Nein. Wir haben Herrn Wowereit zweimal über den Vorgang informiert. Eine Interviewanfrage ist gestern ohne Begründung abgelehnt worden.

Haben Sie besondere Erwartungen an Wowereit, weil er schwul ist?

Klaus Wowereit ist in der schwul-lesbischen Gemeinde Berlins sehr beliebt, weil er sich für Homobelange einsetzt. Umso mehr verwundert, dass ein ihm unterstellter Innensenator einen 15-jährigen Schwulen ins Unglück stürzen kann, ohne dass Klaus Wowereit eingreift. Das enttäuscht uns sehr. Sollte es zur Abschiebung der Geschwister kommen, wird die Siegessäule dies im Wahlkampf zum Thema machen.

Ist Juniors Schwulsein der einzige Grund, weshalb sich die Siegessäule so engagiert?

Wir kämpfen auch für Juniors Schwester. Die beiden gehören zusammen. Sie haben sich in Deutschland hervorragend integriert. Trotzdem sollen sie abgeschoben werden, weil ihre Mutter straffällig geworden ist. So etwas nennt man Sippenhaftung. Für Junior ist das eine besondere Katastrophe. Er hat in Berlin sein Coming-out packen können. Für einen 15-Jährigen ist das eine reife Leistung. In diesem Alter zu begreifen, was mit einem los ist, und das dann auch offensiv nach außen zu vertreten, wenn man eine homophobe Familie hat, ist selbst für einen deutschen Jugendlichen nicht leicht. Ihm dazu noch die Abschiebung in ein Land anzudrohen, in dem auf Homosexualität Gefängnis steht, ist geradezu zynisch und menschenverachtend.

Was können potenzielle Unterstützer tun?

Man kann unseren Aufruf auf www.siegessaeule.de unterstützen. Vor allem aber werden jetzt Spenden für den Lebensunterhalt von Junior und Yanga benötigt. Wir wollen, dass die beiden in Deutschland bleiben können – und viele Mitstreiter sind bereit, dafür auch finanziell einzustehen.

Wie soll das aussehen?

Wir rufen dazu auf, für die beiden so etwas wie eine Patenschaft zu übernehmen. Viele Leute haben in Dritte-Welt-Ländern ein Patenkind, dem sie jeden Monat Geld überweisen. Warum das Gleiche nicht auch hier tun? Jede Summe ist willkommen, wenn viele mitmachen und einen Dauerauftrag für die beiden einrichten. Der muss natürlich über mehrere Jahre laufen.

Was tun Sie selbst?

Ich mache natürlich mit.

Kontakt: junior@siegessaeule.de