Sonderzug nach Russland

Voraussichtlich am Mittwoch rollt ein Urantransport auch durch Niedersachsen. Atomgegner kündigen Proteste an

Auf dem umzäunten Gelände der Urananreicherungsanlage Gronau (Westfalen) wird derzeit ein Zug mit Atommüllfässern beladen. In den Tonnen befindet sich abgereichertes Uranhexafluorid (UF 6), ein Abfallprodukt aus der Gronauer Fabrik. Es soll nach Russland gebracht werden. Der Transport könnte bereits am Mittwochabend starten, glaubt Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt Gronau. Wie bei vergangenen Urantransporten, sollen die bis zu 20 Waggons durch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und die Niederlande bis nach Rotterdam rollen. Dort wird der radioaktive und giftige Stoff verschifft.

Den genauen Transporttermin halten die Behörden und Betreiber der Anlage geheim. „Wir gehen davon aus, dass alle Städte und Gemeinden entlang der Transportstrecke nicht darüber informiert sind, dass der Transport ansteht, mit welchen Gefahren er verbunden ist und wie zum Beispiel auf massive Uranhexafluorid-Freisetzungen im Katastrophenfall reagiert werden müsste“, sagt Udo Buchholz.

In der Gronauer Anlage wird Uran für die Nutzung in Atomkraftwerken vorbereitet. Als Abfallprodukt bleibt in Gronau abgereichertes UF 6 zurück. Es soll in Russland neu angereichert werden, heißt es offiziell. Ein Teil des neu angereicherten Urans wird nach Gronau zurückgebracht, der größte Teil bleibt aber in Russland. Greenpeace vermutet, dass das abgereicherte Uran aus Gronau vom russischen Militär auch für Uranmunition verwendet wird. Die USA und Großbritannien haben solche Geschosse beim Angriff auf Jugoslawien und zuletzt im Krieg gegen den Irak benutzt.

Dem Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram zufolge ist das abgereicherte Uran in der Munition „viel gefährlicher“ als bislang angenommen. Zwar werde beim Uran in fester Form der größte Teil der radioaktiven Strahlung durch die äußeren Schichten abgeschirmt, durch einen Aufprall verwandle sich das Metall jedoch zu rund 75 Prozent in Feinstaub. „Dabei steigt die Radioaktivität um den Faktor ein bis zehn Millionen an“, sagte Bertram der taz. Die Gefährlichkeit werde auch durch Studien der US-Army am Ende der 80er-Jahre belegt.

Gegen den bevorstehenden Urantransport haben der AKU Gronau und Initiativen aus dem Münsterland Widerstand angekündigt. In Gronau, Münster sowie im niederländischen Hengelo sind Mahnwachen geplant. Bereits bei den vergangenen Fuhren gab es Proteste. An rund einem Dutzend Orten an der Strecke fanden Kundgebungen statt, mehrmals konnten Atomgegner den Zug blockieren. Reimar Paul